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Archiv-Artikel

Putschversuch im Kongo niedergeschlagen

Teile der Präsidialgarde erklären Absetzung der amtierenden Regierung, bevor sie teils verhaftet und teils quer durch die Hauptstadt gejagt werden. Ihr Anführer Lenge ist ein Hardliner aus Präsident Kabilas direktem Umfeld

BERLIN taz ■ In der Demokratischen Republik Kongo ist ein Putschversuch aus dem engsten Umfeld des Staatschefs Joseph Kabila gescheitert. 20 Mitglieder von Kabilas Garde besetzten in der Nacht zu gestern in Kongos Hauptstadt Kinshasa den Staatsrundfunk und verkündeten die Machtübernahme durch das Militär. Ihr Anführer Major Eric Lenge erklärte, die Institutionen der amtierenden Allparteienregierung seien suspendiert. Aber bereits am Vormittag erklärte Präsident Kabila im Staatsfernsehen, er sei wohlauf und die Institutionen bestünden weiter.

Die Putschisten aus der Präsidialgarde GSSP waren noch in der Nacht vom Staatsrundfunk zur Zentrale der kongolesischen Stromgesellschaft weitergezogen und hatten der sechs Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt den Strom abgestellt. Danach gingen sie zu ihrem Hauptquartier in der Kaserne Tshatshi, wo sie aber offensichtlich den Rest der Garde nicht von ihrem Anliegen überzeugen konnten. 12 von ihnen wurden verhaftet, die anderen flohen – darunter auch der Anführer. Sie lieferten sich mit Regierungstruppen eine Verfolgungsjagd quer durch Kinshasa in Richtung des Flughafens. Dort kamen sie aber nie an. Ihr Schicksal blieb gestern Nachmittag unbekannt.

Wie Bewohner von Kinshasa der taz berichteten, waren die Straßen der Hauptstadt gestern tagsüber weitgehend leer und auch Regierungsmitglieder, die zur Arbeit erschienen, wurden wieder nach Hause geschickt. Die Blauhelmtruppen der UN-Mission Monuc, die erst am Mittwoch zum ersten Mal seit gewalttätigen Demonstrationen gegen sie vergangene Woche ihre Straßenpatrouillen wieder aufgenommen hatten, waren ebenfalls nicht mehr zu sehen.

Die GSSP, in schwarzen Uniformen und roten Baretten, gilt als undiszipliniert. Joseph Bobia, ein Umweltaktivist in Kinshasa, erzählte der taz, er sei am 15. Mai von GSSP-Soldaten festgenommen und ausgeraubt worden. Putschistenführer Eric Lenge ist hingegen eindeutig politisch zuzuordnen. Er gehört zu einer Gruppe von Hardlinern um Kabila, denen der laufende Friedensprozess wegen der Einbeziehung der von Ruanda unterstützten Rebellen des Ostkongos in die Regierung und wegen der laufenden Wirtschaftsreformen zuwider ist.

Seit den neuesten Kämpfen im Ostkongo fühlen die Hardliner sich in ihrer Kritik bestätigt. Lenge war bereits unter dem Januar 2001 ermordeten Vorgängers und Vaters des derzeitigen Präsidenten, Laurent-Désiré Kabila, Gardekommandant und leitete in den Wochen vor dem Mordanschlag die Verhaftungen zahlreicher Ostkongolesen in Kinshasa unter dem Vorwurf von Umsturzplanungen.

DOMINIC JOHNSON