: Mit dem grünen Band der Natürlichkeit
Jürgen Trittin und Michael Gorbatschow geben in Bonn Startschuss für grünen Gürtel vom Nordmeer bis zur Adria
BONN taz ■ Erst einmal zurückblicken, das war gestern bei der Eröffnung der internationalen Fachkonferenz namens „Perspektive des Grünen Bandes“ die Devise. Schließlich findet die zweitägige Tagung nur statt, weil die innerdeutsche Grenze und der Eiserne Vorhang gefallen sind. Zur Eröffnung sagte der ehemalige russische Staatspräsidenten Michael Gorbatschow: „Der ehemalige Todesstreifen ist mittlerweile zu einem kleinen Naturwunder geworden.“ Ein Konzept, das nun europaweit ausgeweitet werden soll.
„Vom Nordmeer bis zur Adria“ soll ein gesamteuropäischer Biotopverbund entstehen. Wie, darüber diskutierten Teilnehmer aus 12 Ländern in Bonn. Das Bundesamt für Naturschutz feiert Zehnjähriges und hatte zur ersten Veranstaltung dieser Art geladen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und Michael Gorbatschow in seiner Funktion als Präsident der Stiftung „Green Cross Intenational“ unterzeichneten gestern ein Abkommen, das die Zusammenarbeit zwischen deutschen und internationalen Umweltverbänden intensivieren soll. Erste Aufgabe: Das innerdeutsche Grüne Band soll nach Norden und Süden verlängert werden. Gorbatschow soll sich dafür als Schirmherr bei Bürgern, Verbänden und Politikern einsetzen. Auch Bundespräsident Johannes Rau soll werben.
Finanzielle Mittel stehen für den Verbund vorerst allerdings nicht zur Verfügung, doch sollen EU-Gelder angezapft werden. Schließlich handele es sich beim Grünen Band nicht nur um ein ökologisches Großprojekt, sondern auch darum, die „historische Trennung Europas“ zu überwinden. Ja, als Mahnmal des Kalten Krieges könne der grüne Gürtel stehen. Eine Initiative, die gar einen Impuls für einen „weltweiten grünen Gürtel“ geben könne, so die Vision Gorbatschows.
Einer der Knackpunkte, um den grünen Gürtel zu realisieren: „der Dialog zwischen Landnutzern und Landschützern“, erklärte Harmut Vogtmann vom Bundesamt für Naturschutz. Eine Lösung: Den Bauern den ökologischen Landbau schmackhaft machen, sagt Helga Inden Heinrich vom Deutschen Naturschutzring. Teilweise sogar illegal werde etwa auf dem Balkan intensive Landwirtschaft betrieben, schildert Dr. Kai Frobel, der BUND-Projektleiter und „Erfinder“ des Grünes Bands.
Allein die 1.400 Kilometer lange deutsche Strecke, die zwischen 50 und 200 Meter breit ist, beziffert er mit einem Wert von „300 Millionen Euro“. Ein Wert, bei dem der Bund mit 65 Prozent Eigentum ein Flächenmonopolist sei, der die Flächen bisher verkauft habe, statt sie unter Naturschutz zu stellen, kritisierte Kai Frobel vor der Rede von Umweltminister Jürgen Trittin. Der richtete dann plötzlich einen Appell an die Bundesländer, die Grundstücke zu übernehmen. Denn der Bund werde sie den Ländern kostenlos überlassen – Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) soll bereits grünes Licht gegeben haben.
MEIKE BÖSCHEMEYER