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Archiv-Artikel

Ein Leben zwischen Panzern

Seit vier Jahren betreut der Kölner Verein „Natur & Kultur“ eine palästinensische Schule bei Bethlehem. Das Allerweltshaus stellt Schülerbilder aus, die Zukunftsträume zeigen

Köln taz ■ Die Sonne strahlt. Zwischen grünen Hügeln zeichnen sich bunte Häuschen vor einem blauen Himmel ab. Die Menschen verstehen einander und gehen Hand in Hand. Wenn palästinensische Kinder Bilder einer idyllischen Zukunft malen, unterscheidet sich das nicht grundlegend von Bildern, die deutsche Kinder anfertigen würden. Allerdings sind viele palästinensische Kinder gar nicht mehr in der Lage, sich ein Bild von der Idylle zu machen. Für sie besteht die Zukunft aus Mauern, Totenkreuzen und Maschinengewehren. Noch bis zum 30. Juni zeigt das Kölner Allerweltshaus diese Zukunftsvisionen im Rahmen der Reihe „Horizonte“.

Gemalt haben die Bilder Schülerinnen und Schüler der Talitha-Kumi-Schule in Beit Jala in unmittelbarer Nähe von Kölns Partnerstadt Bethlehem. Entstanden sind sie beim Malwettbewerb „Meine Zukunft in Palästina“. Der Kölner Verein „Natur & Kultur“, der seit vier Jahren eine Projektpartnerschaft zu dem Schulzentrum pflegt, eröffnet die Ausstellung heute und lädt am Abend zur Diskussion.

„Die Thalita-Kumi-Schule liegt direkt an einer Militärstraße unter israelischer Kontrolle“, berichtet Angela Lüttke, Projektleiterin von Natur & Kultur. „Riesige Straßenblockaden machen es für die Kinder zeitweise unmöglich, die Schule zu besuchen. Dauernd fahren Panzer die Straße entlang, was zugleich Einschüchterung und Hassentwicklung zur Folge hat. Die Kinder sind oft tagelang zuhause eingesperrt, dabei empfinden sie die Schule als ihre zweite Heimat.“

Lüttke fährt seit 1999 regelmäßig nach Palästina. Ursprünglich ging es ihr, entsprechend dem ökologischen Auftrag ihres Vereins, um die Durchführung von Schülerprojekten zu regenerativen Energien und schonendem Umgang mit Ressourcen. Die politische Situation vor Ort führte jedoch schnell zu einer Verlagerung der Arbeit Richtung internationale Aufklärungsarbeit. Wilhelm Goller, der deutsche Direktor der Schule, schreibt in seinem Tagebuch, dass er die regelmäßigen Ausgangssperren als „nervöse Lethargie“ empfindet: „Ich habe festgestellt, dass dies die nervenaufreibendste, ja fast krankmachendste Zeit meines Lebens ist.“

Vor dem Hintergrund der Kölner Konferenz „Stop the Wall“ vor knapp zwei Wochen ist die heutige Diskussion von aktueller Brisanz. Appelle an Israels Regierung, den umstrittenen Sicherheitszaun wieder abzureißen, mehren sich. „Ich kann nicht erkennen, wie man mit Panzerabwehrraketen auf Kinder den Terrorismus bekämpfen kann“, hatte Ex-CDU-Arbeitsminister Norbert Blüm Israels Politik kritisiert . Oliver Minck

„Meine Zukunft in Palästina“: Diskussion: heute, 20 Uhr, Allerweltshaus Köln, Körnerstr. 77-79, ; Ausstellung: bis 30. Juni, täglich 10-16 Uhr. www.allerweltshaus.de