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Archiv-Artikel

berliner szenen Träumen ist besser

Die Beach Boys in Berlin

Der Mann mit der blauen Mütze hat nicht genug Geld, um sich eine Karte für das Konzert der Beach Boys kaufen zu können. Stattdessen schiebt er seinem Gegenüber im Biergarten vorm Tempodrom einen Zettel und vier 50-Cent-Stücke hin. „Würdest du bitte mal meinen Freund Hardy anrufen? Der ist schon drin und ich hab leider kein Handy.“ Der Mann mit dem Handy schiebt das Geld zurück und ruft an, aber zehn Minuten später ist immer noch kein Hardy da. „Ich glaub, wenn man drin ist, kommt man nicht mehr raus“, sagt der Mann mit dem Handy zum Mann mit der Mütze und sie gehen gemeinsam zum Eingang. Dort hat jemand eine Pressekarte zu verschenken, aber der Mann mit der Mütze wehrt ab und läuft davon.

Das Tempodrom ist höchstens zu einem Viertel voll. Zwei befreundete Ehepaare unterhalten sich am Bierstand über den gemeinsamen Urlaub in Kalifornien, auf den sie sich hier einstimmen wollen. Dann geht ihnen der Gesprächsstoff aus und sie gehen über zum Skiurlaub. Die Frauen haben winzige Rucksäcke aufgeschnallt. Später, wenn die Beach Boys spielen, können sie so mit ihren Männern ungehindert Rock ’n’ Roll tanzen.

Sie sehen sehr, sehr alt aus, diese übrig gebliebenen Beach Boys, Sänger Mike Love und Bassist Bruce Johnston: Diese zitronengelben Bügelfaltenhosen und bunten Schirmmützen – ob sie auftreten, weil sie Geld brauchen? Es scheint, als hätten die Beach Boys tausend Hits gehabt, die hier wie bei Butterfahrt mit Playback zu ununterscheidbaren Medleys zusammengefaltet sind. Die schönen, komplizierten Stücke wie „Wouldn’t It Be Nice“ scheppern, dass es wehtut. Die Ehepaaare stört das nicht. Sie tanzen sportlich weiter und der Mann mit der Mütze hat nichts verpasst. SUSANNE MESSMER