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Archiv-Artikel

Popkommt nach Berlin

Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) ist happy: Berlin als Musik- und Messestandort wird gestärkt. Offenbar drängelte die Musikindustrie zum Umzug

Da hatte selbst die FDP nichts mehr am rot-roten Senat zu meckern. „Eine große Sache für den Musikstandort Berlin“, freute sich gestern FDP-Fraktionschef Martin Lindner über den Umzug der Popmesse Popkomm von Köln nach Berlin. Kein Wunder, repräsentiert doch der Umzug der größten Musikmesse Europas den wirtschaftspolitischen Hit des Jahres.

„Ein wichtiger neuer Wirtschaftsfaktor“, freute sich auch PDS-Wirtschaftssenator Harald Wolf. Berlin sei eine kreative Stadt, in der junge Labels ebenso wie Global Players der Pop-Branche vertreten seien. „Die Messe stärkt das Profil Berlins als Musikhauptstadt und Messestandort.“

Schon jetzt werden 60 Prozent der – freilich rückläufigen – Umsätze der deutschen Musikbranche an der Spree realisiert. Neben den rund 150 kleinen und mittleren Labels tragen dazu vor allem die großen der Branche bei – Universal, Sony, BMG und EMI. Nächstes Jahr wird zudem der Musiksender MTV nach Berlin ziehen, während der Musiksender Viva, der zuletzt die Popkomm übernommen hatte, in Köln bleibt. Aber auch Viva will verstärkt in Berlin produzieren.

Warum aber drängt es die Branche in die Hauptstadt? An wichtigen Großereignissen wie Love Parade, Christopher Street Day oder der Echo-Verleihung dürfte es ebenso wenig liegen wie an direkten oder indirekten Subventionen, vermuten die Kölner. Die würde im Zweifelsfall jede Großstadt berappen, um einen Event wie die Popkomm an Land zu ziehen.

Eher dürfte der räumliche Konzentrationsprozess sich auch im Wunsch der Branche gründen, angesichts politischer Diskussionen um das Urheberrecht näher an den Entscheidungsträgern in der Haupststadt dran zu sein. Offenbar haben die Großen bei der Popkomm ein wenig nachgeholfen. Viva habe auf den ausdrücklichen Wunsch der Musikindustrie reagiert, so Viva-Chef Dieter Gorny. Zudem soll der Wechsel frischen Wind für die Messe bringen, die beim letzten Mal unter Schwund litt.

Der nordrhein-westfälische Kulturminister Michael Vesper (Grüne) vermutete gestern gar säuerlich, offenbar sei der Popkomm-Umzug auf Druck der Produzenten und Musikverlage geschehen, die mit der Gründung einer Gegen-Messe für Popmusik in Köln gedroht hätten. Diesem Druck habe sich Viva-Chef Gorny wohl beugen müssen. Des einen Leid ist des anderen Freud. Für Wirtschaftssenator Wolf ist der Umzug nämlich auch eine „Ermutigung“, zeige er doch: „Berlin kann als Wirtschaftsstandort im Wettbewerb bestehen und sich durchsetzen.“RICHARD ROTHER