: Die Mambo-Queen
Die Exil-Kubanerin Celia Cruz war die wichtigste Sängerin der Salsa-Musik. Am Mittwoch ist sie mit 78 Jahren in ihrer Wahlheimat USA gestorben
von DANIEL BAX
Für Fidel Castro hätte sie nie gesungen, niemals. Erst wenn der greise Diktator dort abgedankt hätte, wollte sie wieder kubanischen Boden betreten. Mit der kubanischen Revolution hatte Celia Cruz 1959 die Insel verlassen, und war nie wieder dorthin zurück gekehrt. Als ihre Mutter erkrankte und der Vater starb, unternahm sie noch einmal einen Anlauf, aber die Behörden verweigerten ihr die Einreise. Diese Schikane mochte Celia Cruz dem Regime nie verzeihen.
Umgekehrt aber soll dies die Rache des Revolutionsführers Castro dafür gewesen sein, dass Celia Cruz seinem Land den Rücken gekehrt hatte: Diesen „Verrat“ soll er der berühmtesten Sängerin der Insel stets verübelt haben soll. Schon im Havanna der Fünfzigerjahre war Celia Cruz ein Star gewesen, der in den Theatern und Cabarets der Stadt, darunter dem berühmtesten Nachtclub „Tropicana“, sowie in ersten Filmrollen auftrat.
Über einen Radio-Talentwettbewerb war sie einst ins Showgeschäft gekommen, ursprünglich wollte sie Lehrerin werden. Stattdessen studierte sie Musik am Konservatorium in Havanna und schloss sich dem afrokubanischen Orchester „La Sonora Matancera“ an, dem berühmesten seiner Zeit. Den Trompeter der Band, Pedro Knight, heiratete sie 1962: Er blieb ein Leben lang auch ihr musikalischer Partner.
Zuvor, 1960, war sie mit ihrem gesamten Orchester über Mexiko nach New York emigriert, wo sie der kubanischen Musik mit ihrer kraftvollen Stimme und ihren rasanten Shows ein neues, größeres Publikum erschloss.
Der wirklich große Erfolg in den USA stellte sich aber erst in den Siebzigerjahren ein, als Plattenfirmen dort den Begriff „Salsa“ erfanden, um die verwirrende Vielfalt kubanischer und anderer Latino-Rhythmen in den Plattenläden einordnen zu können. In den USA stand Celia Cruz mit fast allen Salsa-Größen jener Zeit auf der Bühne, mit Johnny Pacheco, dem Chef der Fania All-Stars, mit Papo Lucca oder Willie Colón. Einige ihrer größten Erfolge feierte sie mit Tito Puente, dem vor drei Jahren verstorbenen „Mambo King“, mit dem sie im Laufe ihrer Karriere einige legendäre Platten aufnahm.
Mit Tito Puente stand sie 1992 auch in dem Film „Die Mambo Kings“ noch einmal vor der Kamera, der Verfilmung des Romans von Oscar Hijuelos.
Zu jener Zeit begannen sich auch einige Angloamerikaner wieder etwas mehr für die Musik der Latino-Minderheit zu interessieren: David Byrne etwa nahm sogar ein Duett mit Celia Cruz auf.
Doch vom weltweiten Latin-Boom um den „Buena Vista Social Club“ sowie Popstars wie Ricky Martin Ende der Neunzigerjahre konnte Celia Cruz nur wenig profitieren. Zwar nahm sie mit dem Produzenten Emilio Estefan, dem Ehemann von Gloria Estefan, zuletzt einige Alben auf, die sich mit Ragga- und anderen Dancefloor-Elementen an eine Modernisierung ihres Salsa-Sounds versuchten. Doch weil sie sich standhaft weigerte, auf Englisch zu singen, blieb ihr der ganz große Durchbruch einer Shakira versagt.
Unter Salsa-Aficionados aber galt Celia Cruz stets als die größte Sängerin des Genres, was auch unter Kollegen unbestritten ist: „Celia Cruz konnte jedes Lied nehmen und es unvergesslich machen“, sagte Ruben Blades, selbst ein legendärer Salsero. „Sie war ein Symbol der afrokubanischen Musik“. 1987 wurde sie dafür in Hollywood mit einem Stern auf dem „Walk of Fame“ geehrt, und die Hauptstraße durch Miamis kubanisches Viertel, die Calle Ocho, erhielt ihr zu Ehren den Beinamen „Celia Cruz Way“.
Fast bis zuletzt stand sie auf der Bühne, doch in den letzten Monaten hatte sich ihre Gesundheit rapide verschlechtert. Am Mittwoch ist Celia Cruz im Alter von 77 Jahren in ihrem Haus im US-Staat New Jersey den Folgen eines Gehirntumors erlegen.