: FDP sieht „fiskalischen Kindesmissbrauch“
Opposition attackiert im Landtag hohe Neuverschuldung von Rot-Grün. Für Liberale grenzen Kredite an Verbrechen
DÜSSELDORF taz ■ In einem Punkt waren sich Regierung und Opposition gestern einig im Landtag: die höhere Neuverschuldung im NRW-Haushalt 2004/05 finden beide Seiten nicht gut. Doch während Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) neue Kredite in Höhe von knapp einer Milliarde Euro trotzdem verteidigte, verdammten die Sprecher von CDU und FDP den Nachtragshaushalt als unmoralisch. „Es verbietet sich, die schwache Konjunktur mit neuen Sparprogrammen abzuwürgen“, rechtfertigte Dieckmann den Anstieg der Verschuldung auf 6,1 Milliarden Euro. Zu den Krediten gebe es keine Alternative.
SPD-Finanzpolitikerin Gisela Walsken unterstützte den Kurs des Finanzministers: „Wir dürfen die langsame Erholung der Wirtschaft nicht gefährden.“ Ein weiteres Sparpaket auf Landesebene würde zu Massenentlassungen führen und nahezu alle gesellschaftlichen Gruppen in NRW negativ erfassen, so Walsken. Die rot-grüne Landesregierung habe in ihrem Doppelhaushalt 04/05 bereits alle vertretbaren Sparmaßnahmen angepackt, sagte die Sozialdemokratin bei der ersten Lesung des NRW-Nachtragshaushalts. Die Korrektur des Etatentwurfs war wegen konjunkturbedingter Steuerausfälle notwendig geworden.
Mit heftigen Attacken verdammte Helmut Diegel, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, den Kurs von Rot-Grün: „Sie ruinieren das Land.“ Finanzminister Dieckmann müsse einen Nachtragsetat vorlegen, weil er sich die Haushaltszahlen zuvor „schön gerechnet“ habe. Diegel sagte voraus, dass sich die Gesamtverschuldung des Landes bis 2005 auf über 105 Milliarden Euro belaufen werden. „Rot-Grün lädt sich eine historische Schuld auf“, sagte Diegel. Der Christdemokrat verwies auf die jüngsten Sparvorschläge von CDU-Chef Jürgen Rüttgers, der Landesgesellschaften verkaufen und jährlich 1,5 Prozent beim NRW-Personal einsparen will. „Zu mutigem Sparen sind Sie anders als etwa die bayerische Landesregierung nicht bereit.“ Während Bayern acht Prozent Ausgaben im Landeshaushalt gekürzt habe, schaffe NRW nur 0,1 Prozent.
Noch schärfer griff FDP-Finanzexpertin Angela Freimuth an: Der Verschuldungskurs der Regierung „grenzt an ein Verbrechen“, sagte Freimuth, und sprach von „fiskalischem Kindesmissbrauch“ an den kommenden Generationen. Der von Rot-Grün angehäufte Schuldenberg sei „unmoralisch“. Konkrete Sparvorschläge machte die Liberale nicht. MARTIN TEIGELER