: Türken sind kaum integriert
Ein neuer Integrationsindex zeigt: Jeder dritte Migrant mit türkischem Hintergrund hat keinen Schulabschluss. Andere Zuwanderergruppen stehen deutlich besser da
BERLIN dpa/taz ■ Türkischstämmige Migranten sind in Deutschland mit Abstand schlechter integriert als andere Zuwanderergruppen. Das ergibt eine neue Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, die am Montag vorgestellt werden soll. Die Ergebnisse liegen der taz in Auszügen vor.
Die Studie mit dem Titel „Ungenutzte Potentiale“ vergleicht die Integrationserfolge einzelner Migrantengruppen, etwa die der Aussiedler, Menschen aus Südeuropa, Exjugoslawien oder Afrika. Erstmals sind auch Zuwanderer mit deutschem Pass enthalten. Aus den Zahlen etwa über Bildung, Berufschancen und Sozialleistungen wurde ein Integrationsindex berechnet.
Demnach bilden die Türken und türkischstämmigen Migranten das Schlusslicht. Ein Drittel hat keinen Schulabschluss, nur 14 Prozent haben Abitur. Bei den „einheimischen“ Deutschen hat dem Vergleich zufolge 1 Prozent keinen Bildungsabschluss, 38 Prozent haben Abitur.
Auch beim Erfolg im Erwerbsleben liegen Türkischstämmige hinter den meisten anderen Migrantengruppen. Die Erwerbslosenquote liegt bei 23 Prozent gegenüber 10 Prozent bei den „Einheimischen“. Die Hausfrauenquote sei hoch, die Abhängigkeit von Sozialleistungen auch, so die Studie. Am schlechtesten sind Türken und Türkischstämmige im Saarland integriert. Dort haben sogar 45 Prozent keinen Schulabschluss.
Am besten schneiden die Einwanderer aus EU-Ländern, deutschstämmige Aussiedler und Migranten aus dem Fernen Osten ab. Bei den Aussiedlern haben nur 3 Prozent keinen Abschluss, 28 Prozent haben Abitur.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte gegenüber dem Spiegel, wenn Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen in die Schule kämen, sei das „nicht hinnehmbar“. Er verwies auf eine Vereinbarung der Länder, dass bis 2010 flächendeckend Sprachtests vor der Einschulung eingeführt werden sollen. Bis 2012 solle eine Sprachförderung sichergestellt werden. „Multikulti ist keine Lösung“, sagte Schäuble.
Der Sprecher des Türkischen Bundes in Berlin/Brandenburg, Safter Çinar, bemängelte die Aussagekraft des Integrationsindex. Viele Kriterien seien nicht einbezogen worden. „Der Vorsitzende einer Bundespartei ist türkischstämmig, und in den Parlamenten auf allen Ebenen sitzen viele Türken“, sagte Çinar zur taz. „Wenn man das einbeziehen würde, stünden die Türken nicht so schlecht da.“ Çinar forderte eine bessere Ausstattung der Kitas und eine bessere Ausbildung für Sprachförderung bei den Erzieherinnen. „Sprachtests allein helfen nicht“, sagte er. Zudem halte er die doppelte Staatsbürgerschaft „aus psychologischer“ Sicht wichtig für die Motivation von Migranten, sich zu integrieren. „Es wäre ein Signal der deutschen Politik: Wir akzeptieren eure Befindlichkeit.“
Im bundesweiten Vergleich liegen Hessen und Hamburg mit den größten Integrationserfolgen vorn. Das Saarland liegt auf dem letzten Platz.
Der Integrationsindex wurde auf Basis des Mikrozensus 2005 erstellt – einer repräsentativen Umfrage in Deutschland. Erstmals wurde auch das Herkunftsland der Eltern erhoben. NJ