Gewerkschaft für „Einfachsteuer“ von Attac

Nach Ver.di unterstützt nun auch die IG Metall den Vorschlag, Besserverdienende künftig stärker zur Kasse zu bitten. Jetzt sucht das Steuerbündnis weitere Mitstreiter, doch hält sich das Interesse von Rot-Grün in engen Grenzen

BERLIN taz ■ Die IG Metall stützt die „solidarische Einfachsteuer“. Das beschloss der Vorstand der Gewerkschaft in dieser Woche einstimmig, wie die taz auf Nachfrage erfuhr. Nach den Worten von Margit Köppen aus der Wirtschaftsabteilung der Metallergewerkschaft sieht die IG Metall die Einfachsteuer als „die Alternative zu den übrigen Steuerkonzepten, die eher Modelle für Hochverdiener sind“. Außerdem würde die Einfachsteuer die öffentliche Leistungsfähigkeit „nicht durch Steuererleichterungen für Reiche weiter untergraben“. Damit stehen nun die beiden größten Einzelgewerkschaften hinter dem Steuermodell.

Bislang gibt es kaum Reaktionen aus dem Regierungslager auf das Steuermodell. Obwohl der Attac-Mitstreiter und frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Detlev von Larcher das Einfachsteuerkonzept an viele SPDler verschickt hat. Selbst die zuständige Arbeitsgruppe des „Forums Demokratische Linke 21“ des linken SPD-Flügels debattiert zwar über das neue Steuerkonzept aus Schleswig-Holstein, nicht aber über die Einfachsteuer. Das schleswig-holsteinische Modell habe halt den „richtigen Stallgeruch“, sagt von Larcher.

Attac und Ver.di hatten die Idee einer solidarischen Einfachsteuer Mitte Mai vorgestellt. Das Konzept würde jährlich rund 12 Milliarden Euro zusätzlich einbringen. Kern des Konzepts ist das Schließen von Schlupflöchern bei Selbstständigen und Unternehmen sowie eine niedrigere Einkommensteuer für Kleinverdiener.

Zudem soll das Ehegattensplitting weitgehend abgeschafft und eine Vermögensteuer eingeführt werden. Das Konzept wendet sich explizit gegen die „Bierdeckel“-Reform der Union. Sieben Ökonomen um den Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel von der Memo-Gruppe Alternativer Wirtschaftsforscher haben das Modell entwickelt.

In einem Brief an von Larcher hatte immerhin Joachim Poß reagiert, der Finanzexperte und Fraktionsvize der SPD-Fraktion. Er empfiehlt seinem Parteifreund, lieber „ein aufkommensneutrales Konzept zu entwerfen“ – auch wenn der Hinweis richtig sei, dass „kein weiterer Spielraum für Nettoentlastungen mehr besteht“. Zudem habe die Vermögensteuer „keine Chance auf Realisierung“. Falsch sei es überdies, das Ehegattensplitting abschaffen zu wollen.

„Die SPD hat ja ein Konzept angekündigt, aber bisher nichts vorgelegt“, sagt Köppen von der IG Metall. „Wir hoffen natürlich, dass die Partei unser Konzept nicht ignoriert.“ Doch bei der SPD ist man froh, dass die Steuerdebatte verebbt ist. „Es gibt inzwischen so viele Konzepte, dass der Markt überfrachtet ist“, sagt Finanzexperte Poß. „Deshalb beteiligt sich die SPD nicht mehr an solchen Einfachsteuerplänen.“ Auch bei den Grünen halten sich die Befürworter einer Vermögensteuer zurück. Man will mit öffentlichen Kommentaren zur Einfachsteuer keine weiteren Fronten in der eigenen Partei eröffnen.

Attac und die beiden Gewerkschaften sind entschlossen, weitere Unterstützer für das Konzept zu finden. „Wenn das erfolgreich ist, wird die SPD nicht mehr daran vorbeikommen“, sagt von Larcher. „Wir haben schon damit gerechnet, dass wir einen langen Atem brauchen.“

MATTHIAS URBACH