: Stadt Münster sieht schwarz für Gratisbusse
Um Parkhäuser in Münsters Innenstadt zu verhindern, setzt der Verkehrsclub auf kostenlose Busfahrten. Dem Planungsamt ist das zu teuer und tarifrechtlich bedenklich, es gebe keine Alternative zum Parkplatz
MÜNSTER taz ■ Widerrechtlich, unausgegoren und viel zu teuer – so lauten seit Jahren die Argumente der Gegner einer neuen Tiefgarage an Münsters viel befahrenem Ludgeriplatz. Mit gleichlautenden Argumenten schmettert jetzt das städtische Planungsamt, verantwortlich für den Millionen schweren Parkraum, einen Vorschlag des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) ab: Der münstersche VCD-Kreisverband will neue Parkhäuser überflüssig machen, indem er die Münsteraner jeden Samstag umsonst Busfahren lässt.
Auf sechs Seiten haben die städtischen Verkehrsplaner jetzt das Konzept des VCD auseinander genommen. Ihr Fazit: Das Modell sei „tarifrechtlich bedenklich, wirtschaftlich nicht tragfähig und konzeptionell nicht empfehlenswert“. Zum „Parkraumkonzept 2010“ gebe es keine Alternative. Für Johanne Lamken, Vorsitzende des VCD-Kreisverbandes, zeugt das von Engstirnigkeit: “Hier ist jemand nicht bereit, sich mit Alternativen auseinander zu setzen.“
Bereits im April 2003 hatte der VCD sein Konzept „Bus fahren – samstags gratis“ an CDU-Oberbürgermeister Berthold Tillmann und die Ratsfraktionen geschickt: Statt die Parkraum-Kapazitäten in der Innenstadt auszubauen, sollte die Auslastung zu Spitzenzeiten besser gesteuert werden. „Die Stadt hat selbst festgestellt, dass ihre Parkhäuser nur samstags zwischen 11 und 15 Uhr voll ausgelastet sind“, so Johanne Lamken.
Diese Spitze will der VCD kappen, indem er die ortsansässigen Einkaufspendler mit einem kostenlosen Samstagsticket in den Bus lockt. Die Rechnung: Wenn nur 20 Prozent der münsterschen Autofahrer dieses Angebot nutzten, wäre die Überlastung der City-Parkhäuser behoben. Die frei werdenden Parkplätze kämen dann den Kunden aus dem Umland zugute. Und: Die politisch bereits beschlossene Tiefgarage am Ludgeriplatz – für SPD, Grüne und Bürgerinitiativen ein rotes Tuch, für die allein regierende CDU die Patentlösung aller Parkprobleme – müsste nicht gebaut werden.
Nach einem Jahr Bedenkzeit rechnet das Planungsamt dem VCD jetzt vor, das Konzept könne maximal 700 der knapp 7.000 innerstädtischen Stellplätze frei räumen. Das führe zu „keiner echten Entlastung“ – „Gleichzeitig lässt sich die Stadt aber dafür feiern, mit ihren geplanten neuen Parkhäusern 700 neue Stellplätze zu schaffen“, sagt Johanne Lamken, „das passt hinten und vorn nicht zusammen.“ Zudem setze das Planungsamt die eingesparten Plätze dreifach zu niedrig an und stelle ihnen „völlig überhöhte Kosten“ von jährlich 1,3 Millionen Euro gegenüber.
VCD-Vorstandsmitglied Wolfgang Wiemers vermutet andere Gründe hinter dem rigorosen Abkanzeln des Konzeptes. Der altgediente Verkehrspolitiker sieht massive finanzielle Interessen am Werk. Denn das 20-Millionen-Euro-Projekt Ludgeriplatz wird nicht nur von der städtischen „Westfälischen Bauindustrie GmbH“ getragen, sondern auch von der Sparkasse Münsterland Ost. Die aber baut derzeit in der Altstadt die „Münster Arkaden“ – ein riesiges Shopping- Zentrum, das allerdings nur 150 eigene Parkplätze aufweist. „Da ist der Sparkasse natürlich an einem öffentlichen Parkhaus ganz in der Nähe sehr gelegen“, so Wiemers. JÖRG GIERSE