: SPD verteidigt neuen Schuldenberg
Grünen-Fraktionschefin Sager verlangt einen stärkeren Subventionsabbau, will in der Koalition aber nicht neu verhandeln. Sozialdemokraten weisen grüne Kritik zurück: Äußerungen von Haushaltspolitikern „in der Tradition von Oswald Metzger“
aus Berlin LUKAS WALLRAFF
Der Schuldenschock sitzt tief. Mit der guten Stimmung in der rot-grünen Koalition, die noch vor kurzem in Schloss Neuhardenberg so effektvoll inszeniert wurde, ist es seit der Bekanntgabe des Finanzierungskonzepts für die vorgezogene Steuerreform durch Kanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) vorbei.
Zu vernichtend war das Presseecho, zu deutlich hat auch der vermeintliche Steuersenkungspartner FDP die Vorschläge Eichels abgelehnt. Und zu laut haben zahlreiche Grüne aus Bund und Ländern gegen die geplante Neuverschuldung von fast fünf Milliarden Euro protestiert.
Da kann es die Koalitionäre nur wenig trösten, dass auch bei der Union ein neuer Streit zwischen Roland Koch (CDU) und der CSU ausgebrochen ist. Erst einmal mussten sich die Führungsspitzen von SPD und Grünen gestern darum bemühen, die Aufregung im eigenen Lager zu dämpfen.
Grünen-Fraktionschefin Krista Sager tat es, indem sie Verständnis zeigte. Sie könne die Kritik der Haushaltsexpertinnen Antje Hermenau und Franziska Eichstädt-Bohlig, von Fraktionsvize Reinhard Loske und mehreren grünen Landesvorsitzenden an der zusätzlichen hohen Neuverschuldung verstehen, erklärte Sager. Auch sie sei für einen stärkeren Subventionsabbau. Dies lasse sich aber nur über Verhandlungen mit den Ländern erreichen. Auf die Forderung, bis zur Kabinettsentscheidung im August mit der SPD neu zu verhandeln, ging Sager jedoch nicht ein. „Wir lassen das Verfahren jetzt laufen.“ Gesonderte Gespräche über das Thema seien derzeit nicht geplant.
Wozu auch, findet offenbar die SPD. Die Grünen sollten sich mal nicht so haben, ihre wichtigsten Leute waren doch informiert und haben zugestimmt. So hat die SPD den Unmut beim Koalitionspartner runtergespielt. Das Konzept sei mit den grünen Ministern und der grünen Fraktionsspitze „vorher besprochen“ worden, sagte SPD-Haushaltspolitiker Walter Schöler der taz. Auch Regierungssprecher Thomas Steg betonte, die Finanzierungspläne beruhten auf einem „intensiven Abstimmungsprozess“ innerhalb der Koalition.
„Dass ein paar grüne Abgeordnete jetzt etwas dagegen haben“, findet SPD-Mann Schöler „ganz normal“. Die Äußerungen lägen „in der Tradition von Oswald Metzger, das war nicht anders zu erwarten“. Von einem Koalitionskrach könne keine Rede sein.
Zumindest die Äußerungen der grünen Minister geben ihm Recht. „Absolut vertretbar“ nannte Jürgen Trittin die geplante Neuverschuldung. Auch Künast stellte sich hinter die Finanzierung der Steuerreform und warnte davor, „diese Kraftanstrengung zu zerreden“. Alle Grünen zu überzeugen, dürfte aber auch noch einige Kraft kosten.