piwik no script img

Archiv-Artikel

Schily will Polizeiminister werden

Per Verfassungsänderung soll der Bund im Bereich Polizei und Verfassungsschutz die zentrale Rolle erhalten. Bundesinnenminister zielt mit seiner Initiative auf die Verhandlungen der Föderalismuskommission

FREIBURG taz ■ Kaum hat Otto Schily das Zuwanderungsgesetz abgeschlossen, beginnt er schon ein neues Großprojekt. Er will den Bund im Bereich Polizei und Verfassungsschutz deutlich stärken – auf Kosten der Länder. Erforderlich ist hierfür eine Verfassungsänderung. Eine Zustimmung der Länder ist aber nahezu ausgeschlossen.

In einem siebenseitigen Brief an Justizministerin Brigitte Zypries (SPD), der der taz vorliegt, schlägt Schily im Wesentlichen vier Projekte vor: Der Bund soll die Gesetzgebungskompetenz für weite Teile des Polizeirechts erhalten, das Bundeskriminalamt (BKA) soll gegenüber den Landeskriminalämtern aufgewertet werden, ebenso das Bundesamt für Verfassungsschutz gegenüber den Landesämtern. Außerdem soll der Bund beim Katastrophenschutz die Gesetzgebungskompetenz von den Ländern übernehmen.

Schily zielt auf die Verhandlungen der Föderalismuskommission, die derzeit das Verhältnis zwischen Bund und Ländern neu austariert. Dort koordiniert Zypries die Position der Bundesregierung. „Es gibt noch keine abgestimmte Position der Regierung zu dieser Initiative“, hieß es gestern im Justizministerium.

Bisher gilt bei der Gesetzgebung eine klare Trennung zwischen Bund und Ländern. Der Bund regelt die Strafverfolgung in der Strafprozessordnung, die Länder die Gefahrenabwehr in ihren Polizeigesetzen. Schily will nun, dass auch im präventiven Bereich ein einheitliches Bundesgesetz geschaffen werden kann – soweit es um die Abwehr von Terrorismus und „international organisierter Kriminalität“ geht. Damit könnte Schily dem Bundeskriminalamt auch präventive Ermittlungen ermöglichen oder die präventive Rasterfahndung bundeseinheitlich regeln.

Die anderen Projekte des Innenministers sind schon länger bekannt. So schlug Schily bereits im März vor, die Landeskriminalämter zu reinen „Außenstellen“ des BKA zu machen. Ähnliches hielt er für den Verfassungsschutz mit seinen 16 Landesämtern für wünschenswert. Im jetzigen Brief hat er sogar die Kosten für den Bund durchgerechnet. Die Übernahme von 2.800 Landesverfassungsschützern durch den Bund würde jährlich 200 Millionen Euro kosten. Als Ersatz für diese „große Lösung“ schlägt Schily vor, den Bundesbehörden wenigstens ein Weisungsrecht gegenüber den Ländern einzuräumen.

„Nicht beabsichtigt“ ist von Schily derzeit, BKA und Bundesgrenzschutz (BGS) zu einer einheitlichen Bundespolizei zusammenzufassen. CHRISTIAN RATH