: Fürsorglicher Vermerk
SPD beantragt Sondersitzung des Innenausschusses wegen erneuter Vorwürfe gegen Walter Wellinghausen: Der hatte sich als Innen-Staatsrat für einen ehemaligen Mandanten aus der Polizei eingesetzt
von ELKE SPANNER
Der Urlaub von Walter Wellinghausen ist womöglich doch kürzer als geplant. Die SPD-Fraktion hat gestern eine Sondersitzung des Bürgerschafts-Innenausschusses noch für diese Woche verlangt, um die Vorwürfe gegen den Staatsrat aufzuklären. Nachdem diesem vorige Woche unerlaubte Nebentätigkeiten nachsagt worden waren, ist nun bekannt geworden, dass Wellinghausen sich als Staatsrat für einen ehemaligen Mandanten eingesetzt und dessen Suspendierung vom Dienst verhindert hat: Es geht um den Polizisten Olaf A. der unter anderem an der Misshandlung des Journalisten Oliver Neß bei einer Kundgebung des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider 1994 beteiligt gewesen sein soll.
Bislang allerdings hat Wellinghausen, der privat durch die USA tourt, seine Koffer noch nicht für die Rückreise gepackt. Innensenator Ronald Schill begründete dies gestern damit, dass der Senat „nicht bereit ist, in diesem oppositionellen Sommertheater mitzuspielen“.
Dabei hatte Schill selbst Wellinghausen die Akte des Polizisten vorgelegt, für den der Staatsrat in seiner Zeit als Rechtsanwalt nach einer Verurteilung durch das Landgericht einen Freispruch vor dem BGH erreicht hatte. Auf dieses Verfahren beruft sich Wellinghausen auch in seiner Stellungnahme, die schließlich am 26. März zur Aufhebung der Suspendierung führte: Nach dem Prozess sei Olaf A. damals „fürsorgerisch alleine gelassen worden“, nach Ansicht von Wellinghausen habe die Personalführung den jungen Beamten „nicht entsprechend an die Hand genommen“.
Olaf A., heißt es weiter in dem Vermerk des Staatsrates, der der taz vorliegt, „war damals erheblichem Pressedruck ohne Schutz durch seine Vorgesetzten ausgesetzt“. Da der Polizist inzwischen zudem eine psychiatrische Behandlung abgeschlossen hat und auf eine „positive Verhaltensänderung“ gehofft werden könne, ist das Vertrauen in Olaf A. laut Senat „doch nicht ganz zerstört“. Schill hat verfügt, dass Olaf A. bei abgesenkten Bezügen im Amt verbleibt.
Dass er gerade den Staatsrat mit der Akte beauftragte, erklärt Schill damit, dass Wellinghausen ein ausgewiesener Experte für Disziplinarrecht sei. Dass er auch ein ausgewiesener Experte gerade für den Hintergrund von Olaf A. ist, habe keine Rolle gespielt, weil Wellinghausen selber in seiner Stellungnahme auf die Bekanntschaft zu dem Beschuldigten hingewiesen hatte.
Der jetzige Rechtsanwalt von Olaf A., Rolf Huschbek, zeigte sich gestern erstaunt über den Verlauf der Angelegenheit. Er war davon ausgegangen, dass die Suspendierung seines Mandanten aufgehoben worden war, weil sich bei den Ermittlungen im Disziplinarverfahren einige Vorwürfe als haltlos erwiesen hätten.
„Es kann nicht angehen, dass die Urlaubspläne eines Staatsrates Vorrang vor nötiger Aufklärung haben“, sagte der SPD-Abgeordnete Michael Neumann, der die Sondersitzung des Innenausschusses beantragt hat. Auch Bürgermeister Ole von Beust müsse ein Interesse daran haben, weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden. Deshalb verlangt auch der stellvertretende GAL-Parteichef Jens Kerstan vom Bürgermeister, Wellinghausen umgehend „aus seinem Urlaub nach Hamburg zum Rapport zu bestellen“. Stimmen CDU und FDP zu, könnte der Innenausschuss noch diese Woche zusammentreten. Verweigern sie das hingegen, ist die Sitzung aus formellen Gründen am 8. August.