: Ein Sandsport ohne Trendpotenzial
Beachhandball ist bei weitem nicht so brutal wie die Hallenvariante. Und Schönspielerei wird sogar mit Extrapunkten belohnt. Doch beim Massenpublikum ist das nicht angekommen. Auch beim verregneten Masters am Müggelsee gab es nur wenig Fun
VON ANDREAS RÜTTENAUER
Als vor ein paar Jahren überall begonnen wurde, Sand auf traurigen Großstadtflächen zu verteilen, um Funsport zu ermöglichen, da ging es vor allem um das Etablieren von Beachvolleyball. Doch auch andere Hallensportarten haben versucht, eine Spaßvariante zu kreieren. Anfang der 90er-Jahre kam aus Italien die Kunde, dass man Handball auch im Sand spielen könne. Der Deutsche Handballbund sprang auf den Gaudizug auf und versprach sich regen Mitgliederzuwachs. In der Tat begann eine Szene zu entstehen. Bis vor sechs Jahren verzeichnete der Handballverband Berlin stetigen Zuwachs im Beachbereich. Doch in den zahlreichen Strandbädern stehen nach wie vor keine Handballtore. Beachhandball ist keine Modesportart geworden.
„Wenn ich sage, dass ich zum Beachhandball gehe, dann muss ich das meistens zweimal erklären, weil die meisten glauben, ich hätte mich versprochen“, sagt Jörg Paulick, der als Breitensportreferent des Handballverbands für den Strandbereich zuständig ist. Dann muss er erklären, dass es durchaus möglich ist, auf Sand Handball zu spielen, muss darlegen, dass es eben nur direktes Passspiel gibt, macht bisweilen regelrecht Werbung, weil das Spiel aufgrund seiner taktischen Ausrichtung körperloser sei als die Hallenvariante. Doch er ist skeptisch, was die Zukunft seines Sports betrifft. Er bezeichnet Beachhandball als eine Art Mitgliederpflege. An den Mitgliederzuwachs, von dem Mitte der 90er-Jahre noch die Rede war, glaubt er schon lange nicht mehr. Dennoch ist er zufrieden mit der Szene in der Hauptstadt.
Zum Masters-Turnier am Wochenende im Strandbad Müggelsee hatten sich 300 Teilnehmer aus beinahe der ganzen Republik angemeldet. Die Spieler kommen allesamt aus dem Hallensport. Spezialisten gibt es keine. Die Spitzenhandballer verzichten meist auf den Spaß im Sand. Die besten Strandspieler kommen aus der Regionalliga. Es gibt also auch hier jene Hünen, die man aus dem Hallensport kennt. Doch Beachhandball ist bei weitem nicht so hart wie das oft als brutal verschriene Hallenspiel.
Ein munteres Spielchen entwickelt sich zwischen den 25 Meter voneinander entfernten Toren. Eine Linie, fünf Meter vor dem Tor, markiert die Grenze, die – ähnlich dem Kreis in der Halle – von den Spielern nicht überschritten werden darf. Die Regeln sind so ausgestaltet, dass die Mannschaft, die attraktiv spielt, dafür mit Punkten belohnt wird. Fällt ein Tor durch einen so genannten Kempa-Trick, bei dem der Torschütze an der Fünf-Meter-Linie abspringt, den Ball in der Luft fängt und abwirft, bevor er wieder auf dem Boden aufkommt, werden der Mannschaft drei Punkte gut geschrieben. Schönspielerei ist am Strand also kein Schimpfwort, sondern ein effektives Mittel, um sich vom Gegner abzusetzen.
Da das Wetter nicht gerade sommerlich war, blieben die Beachhandballer aber beinahe unter sich. Ein paar neugierige Badegäste hätten dem Masters-Turnier sicherlich gut getan. Immerhin zeigte sich der Himmel am Sonntag von seiner freundlichen Seite, und die Spieler mussten sich nicht in Pfützen werfen wie am Tag zuvor. Sabrina Thormann vom Köpenicker Sportverein Ajax war die Freude über den Funsport nicht unbedingt anzumerken. Für die Landesligahandballerin war das Masters wohl eher leidige Pflichtaufgabe. Im Spiel um Platz sieben besiegte Ajax die Strandvipern aus Hamburg, die wohl einzig wahre Gauditruppe des Turniers. Die Vipern hatten sogar sechs Fans mitgebracht, die mit ihrer Mini-La-Ola-Welle jede gute Aktion ihrer Heldinnen feierten. Die Vipern wurden Letzte des Turniers. Dafür hatten sie sicher den meisten Spaß am Funsport.