: Die Zukunft des Reviers ist nass
Sportboothäfen, Seen und Uferpromenaden sollen entlang der Wasserstraßen des Ruhrgebiets für mehr Lebensqualität sorgen. Maritimes Lebensgefühl soll auch neue Arbeitsplätze schaffen
AUS CASTROP-RAUXELKLAUS JANSEN
Die Zukunft ist manchmal nur einen Mausklick entfernt. Ein kurzer Tastendruck des Stadtplaners Andreas Mentz aus Hamm, und schon wird aus einer leeren Grünfläche in der Hammer Innenstadt ein 65 Hektar großer See, auf dem weiße Segelbötchen schippern. Nicht nur in Hamm, sondern auch in 17 anderen Kommunen des nordöstlichen Ruhrgebiets sind Verwaltungsangestellte derzeit damit beschäftigt, schicke Powerpoint-Präsentationen zu entwickeln, die ein neues Bild des Strukturwandels im Ruhrgebiet vermitteln sollen.
„Fluss Stadt Land“ nennt sich die regionale Initiative, unter deren Moderation entlang der Wasserwege von Bottrop bis Hamm neue Wohngebiete, Gewerbeflächen und Freizeiteinrichtungen konzipiert werden – mit dem bescheidenen Ziel, den Bevölkerungsschwund im Ruhrgebiet zu stoppen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. „Wasser ist das verbindende Element der Region“, sagt Castrop-Rauxels Bürgermeister Nils Kruse (CDU), einer von zwei Vorsitzenden der Initiative. Schließlich hätten sich schon die Wikinger entlang von Flussläufen ausgebreitet und dort gelebt. Allerdings: Die Wikinger fielen durch Zerstörungswut auf, die Ruhrgebietler wollen aufbauen.
Vorzeigeprojekt der Wasserfreunde ist die Marina in Bergkamen. Rund um den neuen Sportboothafen, mit 300 Liegeplätzen nach Duisburg der zweitgrößte des Landes, seien in den vergangenen Jahren rund 200 neue Arbeitsplätze entstanden, sagt der Bergkamener Stadtplaner Berthold Boden. Daran möchte man nun anknüpfen: Auf dem ehemaligen Zechengelände „Haus Aden“ soll bis zum Jahr 2007 ein Wohngebiet aus so genannten „Floating Homes“, schwimmenden Häusern, entstehen. „Das ist einmalig in NRW und ideal für Bootsbesitzer“, sagt Boden. Beim vergangenen Hafenfest in der Marina hätten bereits zahlreiche Bootsfreunde ihr Kaufinteresse bekundet.
Auch andere Städte wollen maritimes Flair: In Gelsenkirchen-Bismarck soll an der Emscher ab 2006 mit dem Bau eines Hafens mit Wohn- und Gewerbegebiet begonnen werden – vorausgesetzt, es gibt 25 Millionen Euro Fördermittel von Land und EU. In Datteln soll man in Zukunft die nach den Worten des Stadtplaners Karl-Heinz Marscheider „wunderschöne Morgen- und Abendstimmung am Dattelner Meer“ ebenfalls von einem neuen Sportboothafen verfolgen können. Castrop-Rauxel denkt sogar bis ins Jahr 2014: Dann sollen die dreckigen Abwasser der Emscher 16 Meter tief unter die Erde verlegt sein, an der Kreuzung des Flusses mit dem Rhein-Herne-Kanal soll ein Strandbad stehen. Zudem sollen Brücken und Kunstwerke entlang der Wasserstraßen die gesamte Region zum attraktiven Ziel für Touristen machen.
Dass bis dahin mehr als nur ein Mausklick nötig sein wird, weiß auch Unnas Kreisplaner Detlef Schiebold, der zweite Vorsitzende von „Fluss Stadt Land“: „Noch gibt es kein Controlling, noch sind wir in der Phase der Projektentwicklung“, sagt er. Noch fehlen also sowohl Investoren als auch Förderbescheide. Doch Schiebold ist optimistisch und setzt auf die Wirksamkeit der bunten Konzepte: „Ein Projekt mit dem Label „Fluß Stadt Land“ hat mit Sicherheit eine höhere Förderpräferenz.“