: Geld für die Bauern wird umgetopft
Die Bundesländer haben sich darauf geeinigt, die Agrarsubventionen von 2013 an neu zu verteilen. Die Bauern erhalten das Geld dann pro Hektar Fläche. Wie viel sie produzieren, spielt keine Rolle mehr. So sollen die Überschüsse abgebaut werden
VON HANNA GERSMANN
Die 5,5 Milliarden Euro Subventionen, die die deutschen Bauern jedes Jahr aus Brüssel erhalten, werden ab 2013 neu verteilt. Anders als bisher bekommt dann nicht mehr derjenige Bauer das meiste Geld, der die größten Bullen zum Schlachthof bringt, sondern in jedem Bundesland wird es einheitliche Flächenprämien von rund 330 Euro pro Hektar geben. Wie viel Tiere im Stall stehen, spielt dann keine Rolle mehr. Darauf haben sich Bund und Länder in einer Arbeitsgruppe zur Umsetzung der EU-Agrarreform im Vermittlungsausschuss geeinigt. Sie schaffen damit das mehr als 50 Jahre alte Agrarsystem ab, in dem der belohnt wird, der besonders viel produziert. Stimmen Bundestag und Bundesrat am 9. Juli zu, kann die Reform Ende Juli in Kraft treten.
Künftig werden dann auch die Landwirte subventioniert, die weniger intensiv wirtschaften, also auch weniger Ackergifte einsetzen und die Böden weniger auslaugen. So wird es erstmalig zum Beispiel auch Prämien für Wiesen und Weiden geben. Das freut nicht nur die Milchbauern, sondern auch die Umweltschützer. Auf dem Grünland tummeln sich nicht nur deutlich mehr Lebewesen als auf dem verödeten Maisacker, überhaupt ist es aus ökologischer Sicht wertvoller.
Die Bundesregierung wollte ursprünglich schon 2007 mit der Umschichtung der Agrarsubventionen beginnen, scheiterte aber im Unions-dominierten Bundesrat. Grundlage ist die im letzten Sommer beschlossene EU-Agrarreform, die den Mitgliedstaaten allerdings große Spielräume lässt. Danach hätten die in der Vergangenheit gezahlten Prämienansprüche beispielsweise auch einfach zementiert werden können: Den Bauern wären die Gelder, die sie im Jahre 2002 erhalten haben, künftig als Pauschale gezahlt worden. So wollte es der Deutsche Bauernverband, so wollte es auch Bayern. Für die grüne Bundesagrarministerin Renate Künast kam das nicht in Frage. „Das wäre Besitzstandswahrung gewesen“, erklärt Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Er nimmt deshalb in Kauf, dass die Umverteilung nun noch neun Jahre dauert. „Besser spät als nie“, sagt er.
Bayerns Landwirtschaftsminister Josef Miller (CSU) will sich aber noch nicht geschlagen geben. Offiziell behandelt der Vermittlungsausschuss die Agrarreform nämlich erst am 30. Juni, dann will er seine Vorbehalte nochmals vorbringen. Bayern ist der größte Verlierer der Agrarreform, weil es pro Jahr 21 Millionen Euro weniger erhalten würde als bisher. Miller steht aber allein, auch weil andere Unions-geführten Länder zu den klaren Gewinnern gehören.
Baden-Württemberg bekommt beispielsweise 21 Millionen Euro pro Jahr und damit fünf Prozent mehr. Und weil es im Land der Hühnerbarone, in Niedersachsen, viel Grünland gibt, setzte sich auch der dortige CDU-Agrarminister von vornherein für die Flächenprämie ein. Am stärksten profitiert allerdings Rheinland-Pfalz, was mit den vielen Wiesen in den Mittelgebirgen zusammenhängt. Es bekommt gut 11 Prozent mehr Subventionen. Bei all diesen Rechnungen ist vorausgesetzt, dass Brüssel in Zukunft genauso viel Geld für die Landwirte bereitstellt wie bisher.
Die Großbauern streichen nach wie vor viel Geld ein: Ein 1.000-Hektar-Betrieb, wie sie etwa in Mecklenburg-Vorpommern üblich sind, wird voraussichtlich mit gut 300.000 Euro jährlich gefördert. Theoretisch muss der Besitzer seine Felder dafür gar nicht bestellen, dürfte ein Sofabauer sein. Das Saarland hatte deshalb gefordert, die Subventionen an die Zahl der Beschäftigten zu knüpfen. Doch bekam es dafür aus keinem anderen Land Unterstützung.
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