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Archiv-Artikel

Jeder dritte Antrag abgelehnt

Inzwischen werden Mutterkuren von den Krankenkassen voll bezahlt – aber es werden weniger Kuren genehmigt. Das Müttergenesungswerk vermutet eine gezielte Strategie

BERLIN taz ■ SPD-Gesundheitsministerin Renate Schmidt fand schöne Worte am Muttertag: „Mütter leisten tagtäglich eine anstrengende und oft nervenzehrende Arbeit. Sie haben ein Anrecht auf Gesundheit.“ Das klingt gut, doch tatsächlich geben die gesetzlichen Krankenkassen immer weniger Geld für die Vorsorge und Rehabilitation bei Müttern aus. „Seit 2000 gehen die Ausgaben für Mutter-Kind-Maßnahmen leicht zurück“, räumte ein Sprecher des Verbands der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) ein.

Während die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen kontinuierlich steigen, sank die Anzahl der bewilligten Kuren: 2001 gingen 56.000 Mütter und 70.000 Kinder auf Kur, 2003 waren es nur noch 50.000 Mütter und 64.000 Kinder.

„Das ist skandalös“, sagt Magdalena Bogner, Präsidentin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands und der Katholischen Arbeitsgemeinschaft Müttergenesung. „Denn das neue Gesetz wollte Müttern eigentlich die Teilnahme an einer Kur erleichtern.“

Das 2002 verabschiedete Gesetz zur „Verbesserung der Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter“ gibt Müttern und neuerdings auch Vätern einen Rechtsanspruch darauf, dass eine bewilligte Kur voll finanziert wird – bis auf einen täglichen Eigenanteil von neun Euro. Zuvor hatten Krankenkassen häufig nur einen Teil der Kurkosten übernommen. Für die Krankenkassen wurden 5 Millionen Euro Mehrkosten veranschlagt.

„Das hielten wir für tragbar für die Kassen“, sagt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums, „denn 5 Millionen machen bei Gesamtausgaben von 138 Milliarden Euro nur einen winzigen Bruchteil aus.“

Magdalena Bogner wirft den Kassen vor, weniger Anträge zu genehmigen, da sie die genehmigten voll finanzieren müssen. „Da sehen wir durchaus einen Zusammenhang zwischen dem Gesetz und den rückläufigen Zahlen.“

Eine Sprecherin der AOK bestritt diesen Zusammenhang: „Die AOK hat immer die vollen Kosten für die Kuren übernommen.“ Angaben über die Anzahl abgelehnter Kuren könne sie nicht machen. „Wir führen keine Statistiken über die Anträge.“

Während die Kassen bewilligte Kuren voll finanzieren müssen, liegt die Bewilligung einer Kur immer noch in ihrem Ermessen. Trotz ärztlichen Attests lehnen die Kassen jeden dritten Antrag ab. Die meisten der Antragstellerinnen sind nach Angaben des Müttergenesungswerks nervlich und seelisch überlastet und zeigen Symptome des Burn-out-Syndroms.

Das Müttergenesungswerk berät Frauen, wie ein Kurantrag zu stellen ist, und rät dazu, es bei einem abgelehnten Antrag noch einmal zu versuchen. „Meistens klappt es dann doch beim zweiten oder dritten Versuch“, sagte Magdalena Bogner.

FRAUKE HINRICHSEN