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Archiv-Artikel

Schwarzer Jubel über grünes Papier

Hamburgs erste CDU-GAL-Koalition im Bezirk Altona besiegelt. Union freut sich über ein richtungsweisendes Bündnis, Grüne richten sich auf harte Arbeit ein. SPD im Bezirk kritisiert ungedeckten Wunschzettel und kündigt harte Opposition an

von Sven-Michael Veit

Altonas Christdemokraten verbergen ihre gute Stimmung nicht. Von einer „neuen strategischen Option“ seiner Partei im Hinblick auf die Bürgerschaftswahl 2008 spricht CDU-Kreischef Hans-Detlef Roock, „ein Testpiel für die Landesebene“ nennt sein Fraktionsvorsitzender in der Bezirksversammlung, Uwe Szczesny, das Bündnis, das er gerade mit seiner Unterschrift besiegelt hat: Die „Zusammenarbeit“ von CDU und GAL in Altona ist Hamburgs erste schwarz-grüne Koalition, eine zweite kommt nächste Woche in Harburg.

Die Bewertung der Grünen fällt deutlich zurückhaltender aus, obwohl auch Roock „nicht bestreiten will, dass der Vertrag eine grüne Handschrift trägt“. Es sei „schon ein historisches Bündnis“, sagt GAL-Kreisvorsitzende Sava Kuzmanovic, aber die Umsetzung des Vereinbarten werde ihre Partei „in einem Jahr kritisch zu prüfen“ haben. Für die Realisierung der Vereinbarung werde „harte Arbeit notwendig“ sein, ergänzt Fraktionschefin Gesche Boehlich und prophezeit: „Das wird keine Kuschelsache.“

Auf 18 Seiten regelt der Vertrag, der sogar ein grünes Deckblatt hat, Hunderte von Details (taz berichtete am Montag), und Kuzmanovic weiß gar nicht, wo sie aufhören soll, wenn sie „unsere grünen Akzente“ auflistet: Mehr Natur- und Landschaftsschutz, Verbesserungen für Radler, Fußgänger und ÖPNV, ein Bündel an Projekten für Frauen, MigrantInnen und sozial Schwache, Bestandsgarantien für die Stadtteilkulturzentren, Vertragsverlängerungen für zwei Bauwagenplätze, eine Planungswerkstatt für die Stresemannstraße – „für uns die größte Kröte“, gibt Szczesny offen zu – oder einen Drogenkonsumraum im Schanzenviertel: Die „Bereitschaft der CDU, auf grüne Themen einzusteigen, stimmt uns zuversichtlich“. Jetzt müsse, so die beiden GALierinnen, auch der CDU-Senat „Zusagen einhalten“.

Denn die Union hat sich für bestimmte Projekte „vorab vom Senat die Zustimmung“ eingeholt, sagt Szczesny, „sonst hätten wir die nicht in den Vertrag reinschreiben können“. Zum Beispiel die Zusage über eine Million Euro für eine Neugestaltung der Einkaufsmeile Neue Große Bergstraße. Die vorliegenden Pläne müssten nur noch vom Bezirksamt bei der Baubehörde eingereicht werden, „dann können wir noch in diesem Jahr anfangen“. Hilfreich dabei dürften die guten Kontakte der Altonaer Christdemokraten in die Landespolitik sein: Kreischef Roock und seine Stellvertreterin Hanna Gienow sitzen in der Bürgerschaft, der zweite Kreisvize Marcus Weinberg ist dort stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Eben diese Landesebene übte sich gestern allerdings in Zurückhaltung. Bürgermeister Ole von Beust sei „sehr zufrieden“, erklärte sein Sprecher Christian Schnee, GAL-Parteichefin Anja Hajduk lobte „die enorme Beweging der CDU auf uns zu“. Von einem „Modell“ für Hamburg könne man aber nicht sprechen: „Wir schauen erst mal, ob das in Altona gut geht“, an der harten Opposition der Grünen in der Bürgerschaft gegen den CDU-Senat „wird sich aber nichts ändern.“

Harte Opposition kündigten indes auch Altonas Sozialdemokraten an. Der Vertrag sei „ein Wunschzettel grüner Forderungen, die haushaltsmäßig nicht abgesichert sind“, so Kreisvorsitzende Kristin Alheit. Die Grünen würden jetzt „ihre politische Unschuld verlieren“.