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Archiv-Artikel

pampuchs tagebuch Die Allianz der Billigen

Neulich ging ich mit meinem alten Freund E., der mich für ein paar Tage in München besuchte, Hosen kaufen. Wir entschieden uns für den Kaufhof im schönen Stadtteil Neuhausen, nicht allzu weit vom Schloss Nymphenburg entfernt. Einmal erschien uns dies das angemessene Ambiente für einen Hosenkauf, zum anderen hatte ich das Hosenangebot im Kaufhaus Hertie, das in meinem Stadtteil Schwabing seit Jahrzehnten die Grundversorgung organisiert (und übrigens seit geraumer Zeit Karstadt heißt) vor kurzem getestet. Ich hatte dort keine überzeugenden Angebote für mich gefunden und deshalb Zweifel, dass für E. dort das Passende zu finden sei.

Also erhielt die „Galeria“ Kaufhof in Neuhausen eine Chance. Für uns Normalhosenträger, die wir nicht regelmäßig den Wirtschaftsteil der Zeitungen lesen, ist die Welt der Kaufhäuser und ihrer Partner etwa so schwer zu durchschauen wie das englische Königshaus zur Zeit der Tudors. Es wäre eine schöne Aufgabe für einen Shakespeare unserer Tage, den Kampf dieser Titanen um die Kundschaft in würdiger Weise zu besingen.

Nun gibt es diesen Shakespeare nicht, dafür aber Manager, PR-Leute, Werbetexter und Computerfachleute, die im Bereich des gegenseitigen Kunden-Abjagens Großes leisten. Ich habe seit einiger Zeit in meiner Brieftasche eine Art Kreditkarte von Karstadt (verbandelt mit Quelle-Telekom-MasterCard und wer weiß noch wem), die ich bei jedem Bar-Bezahlen vom Kassenfräulein durch einen Schlitz ziehen lasse, woraufhin mir 1 Prozent gutgeschrieben wird. Außerdem komme ich in den Genuss von größeren, aber befristeten Exklusiv-Extrarabatten (an die ich mich immer erst erinnere, wenn sie abgelaufen sind.)

Dieses System hat den Kaufhof und andere Häuser wohl sehr geärgert, denn sie haben sich zu einer Allianz der Billigen zusammengeschlossen. Dazu gehören neben Unternehmen wie Dessous-Palmers auch Giganten wie OBI, dm, DEA, und AOL und Visa (meinem Gefühl nach übrigens die treibende Kraft der Verschwörer). Die Aktion hört auf den Namen „Payback“ und das Codewort heißt „Ich will mehr“ – so steht es auf den bunten Prospekten, die mir die nette Verkäuferin in die Hand drückte, als wir für unsere Hosen bezahlen wollten. Payback funktioniert genau wie bei Karstadt, nur heißen die 1 Prozent hier „Payback-Punkte“ und die befristeten Sonder-Rabatte „extra-scharf“ und werden mit einer Chilischote symbolisiert.

Was das System aber als zukunftweisend kennzeichnet, ist die Einbettung ins Netz: Unter www.payback.com kann der Kunde „jederzeit seinen Punktestand abfragen, die gesammelten Punkte einlösen, sich über Topangebote, Sonderaktionen, Gewinnspiele und Prämien informieren“ und sogar einen „Payback E-Mail Newsletter“ abonnieren. Motto: „ Als Payback-Kunde lohnt sich der Alltag für Sie um ein Vielfaches mehr.“

Wem das elektronische Rabattmarken-Kleben letztlich dient, ist mir nicht klar. Das Punktekonto teilt jedenfalls den Paybackern einiges über meine Kaufgewohnheiten mit – zum Abspeichern. Wollten wir gläserne Hosenkäufer sein? E. und ich konnten die nette Verkäuferin überzeugen, uns die 10 Prozent Chilirabatte gleich auf unsere Hosen anzurechnen. Wär' doch viel einfacher. Solange Kaufhof solche Verkäuferinnen hat, kommen wir gerne wieder. Alltag muss sich wieder lohnen. THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com