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Archiv-Artikel

Leserbrief leugnen

In einer rechten Zeitung soll der Direktor eines deutsch-islamischen Kulturinstituts den Holocaust relativiert haben. Heute beginnt in Celle ein Prozess – gegen die örtliche Antifa

Celle/Hamburg taz ■ Der Leserbrief von Hans-Christian Heydecke erschien vor mehr als drei Jahren. Doch das Schreiben des Direktors des „Deutsch-Islamischen Instituts für Wissenschaft und kulturelle Zusammenarbeit“ (DII), das in dem extrem-rechten Periodikum Nation & Europa (N&E) veröffentlicht wurde, wirkt nach: Heute befasst sich das Amtsgericht Celle damit.

Der pensionierte Direktor der Commerzbank hat den presserechtlich Verantwortlichen der Antifaschistischen Informationsgruppe Celle (AIG), Albert Buck, auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt. Denn auf der Website der AIG befindet sich unter der Rubrik „Chronologie rechter Ereignisse in und um Celle“ der kurze Eintrag: „Heydecke (...) schreibt einen Leserbrief, der in der rechten Zeitung Nation & Europa abgedruckt wird. Inhaltlich relativiert er darin den Holocaust und vertritt antisemitische Thesen.“

Die Veröffentlichung seiner Zuschrift in N&E, vom Verfassungsschutz (VS) als „bedeutendstes rechtsextremistisches Theorie- und Strategieorgan“ bewertet, streitet Heydecke nicht ab. Allerdings verwehrt er sich gegen die „falsche Tatsachenbehauptung“ des Inhalts.

„Die inhaltlichen Aussagen sind antisemitisch“, beharrt hingegen Buck, da „implizit ausgeführt wird, ‚die Juden‘ ließen es an der notwendigen Dankbarkeit wegen der Wiedergutmachungsleistungen fehlen und ihnenwürden im Vergleich zu den ‚normalen‘ Deutschen noch immer Privilegien eingeräumt“. Die Holocaust-Relativierung indes entstehe durch die Aufrechnung der „Einzigartigkeit des Vernichtungsschicksals“ mit dem „allgemeinen im Zweiten Weltkrieg begangenen Unrecht“. Zudem ergänze Heydecke in dem Brief, Deutschland habe sich „sogar für Taten, für die kein Deutscher verantwortlich war“, entschuldigt.

„Das ist eine Unverschämtheit“, sagt Heydecke gegenüber der taz. Diese „Unterstellungen“ hätten sich auch nachteilig für das DII ausgewirkt. „Eine Universität lehnte deshalb die Zusammenarbeit ab“, so der Institutsdirektor weiter. Diese Absage dürfte der Grund für die Gerichtsverhandlung sein. Andreas Speit