: Ein neuer Feind des Weißen Hauses
Der schwedische UN-Botschafter, Pierre Schori, wird nicht Chef der UNO-Mission im Kosovo – dank eines Vetos der USA
„Sie sehen ihn in gleicher Weise als ihren Feind, diesen 64-jährigen schwedischen Diplomaten: die Bush-Administration und Robert Mugabes Regime in Simbabwe.“ So beginnt The New Yorker in seiner aktuellen Ausgabe die Geschichte über Pierre Schori, der in seiner langen Laufbahn erst einmal gehindert worden war, seine Arbeit zu tun: 2002, als Robert Mugabe ihn und sein EU-Wahlbeobachtungsteam des Landes verwies.
Jetzt hat Washington mit seinem Veto den Mann gestoppt, auf den sich die EU zur Nachfolge für den UN-Verwalter für das Kosovo (Unmik), Michael Steiner, geeinigt hatte, hinter dem auch Russland stand und UN-Generalsekretär Kofi Annan. Zu wenig Erfahrung brächte er für diese Aufgabe mit, und außerdem gehöre ja Schweden nicht der Nato an, lautet die offizielle Begründung Washingtons. Was für Pierre Schori offensichtlich gelogen ist. „Wie ich inoffiziell gehört habe, beginnen die Gründe dafür, dass ich auf der schwarzen Liste landete, mit meinem einstigen Engagement gegen den Vietnamkrieg, setzen sich wegen meiner Haltung gegen Nixons und Reagans Lateinamerika-Politik fort und enden mit meiner Kritik am Irakkrieg.“
Warum er die für Priština gepackten Koffer wieder auspacken musste und sich deshalb seinen Posten des schwedischen UN-Botschafters in New York, den er seit drei Jahren innehat, ein weiteres Jahr verlängern ließ, dafür sieht auch The New Yorker einen ganz anderen Grund: Die Bush-Administration schlage jetzt gegen Personen und Länder zurück, die die Kriegskoalition nicht unterstützt hätten.
„Es stinkt nach McCarthyismus“, seufzt Schori, der Diplomat mit dem schwarzen Judo-Gürtel und der ruhigen Stimme, die, falls nötig, aber immer für undiplomatisch-scharfzüngige Formulierungen gut ist. Und erinnert sich wehmütig an Bush senior, der ihm 1987 nach der Ermordung von Ministerpräsident Olof Palme, Schoris Freund und politischem Vorbild, echtes persönliches Mitgefühl vermittelte: „Pierre, I’m so sad that Olof Palme couldn’t be here. – Das war noch zivilisiert. So etwas findet man jetzt in Washington nicht mehr.“ Was den Mann, der sich selbst als eingefleischten – „Wenn überhaupt jemand, dann ich“ – Proamerikaner bezeichnet, der „gerne Brücken und Allianzen baut“, schmerzt.
Seit drei Jahrzehnten ist internationale Poltik sein Arbeitsfeld, doch sei ihm das bereits in die Wiege gelegt worden: „Oder wie soll das als Sohn eines Schweizers, der meine schwedische Mutter in Paris als Au-pair-Mädchen kennen lernte, auch anders sein?“
Nicht selten kollidierten seine Vorstellungen als internationaler Sekretär der schwedischen Sozialdemokraten, Redakteur der Parteizeitung Tiden, Entwicklungshilfeminister sowie Mitglied des schwedischen und des europäischen Parlaments mit der Machtpolitik der USA. „Ich war oft mit der Administration in Washington uneins, aber früher konnte man sich darauf einigen, uneins zu sein. Das geht offenbar nicht mehr.“
Schädlich für die UN, Kofi Annan und die EU sei das Verhalten von Bush junior und seiner Mannschaft. Und in einem Interview mit dem schwedischen Rundfunk will Schori der New-Yorker-Einschätzung von „kleinkarierter Rache“, die nun im Weißen Haus herrsche, nicht widersprechen. REINHARD WOLFF