Das Reform-Juwel

Im Senat unumstritten, an den Hochschulen um so mehr: Der parteilose Wissenschaftssenator Jörg Dräger

Er sieht immer ein bisschen übernächtigt aus: Der Reformeifer von Wissenschaftssenator Jörg Dräger ist eben unermüdlich. Neuester Coup des Parteilosen: Eine 50-Euro-Abgabe für Studierende, die er „Verwaltungskostenbeitrag“ taufte und die es ihm trotz Spardiktat zur Haushaltskonsolidierung erlaubt, seinen Zukunftspakt über Budgetkonstanz mit den Hochschulen zu verlängern. Deren Schonung im strukturellen Sparprogramm, das der Senat vorige Woche verkündete, bewog selbst Drägers schärfste Kritiker in den Hochschulpräsidien zu so lobenden Worten wie: „Der hat für uns relativ viel rausgehauen.“

Für seinen Erfolg lässt Dräger die Studierenden bluten und liegt damit ganz auf Linie mit dem Rest des konservativen Senats, der zur Etatstabilisierung vor allem Leistungen für weniger Betuchte kappt. Unumstritten ist der 36-Jährige darum nur im Regierungslager, wo er nicht nur dem Bürgermeister wegen seines „Ideenreichtums“ und Reformfleißes als „Juwel“ gilt.

Für die Studierendenvertretungen (ASten) ist der Ex-Unternehmensberater und frühere Geschäftsführer der Harburger Bezahl-Uni „Northern Institute of Technology“ ob seines Bekenntnisses zu allgemeinen Studiengebühren, Elite und seiner Nähe zur Wirtschaft indes der ärgste Feind. Auch den Hochschulleitungen ist Drägers Umbautempo viel zu scharf und seine Politik zu interventiv.

Dass er sein Ziel von stärkerer Hochschulautonomie und Bildungsprivatisierung aggressiv weiter verfolgt, hat der in den USA ausgebildete Physiker schon in den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit bewiesen: Noch vor der Verwaltungsgebühr präsentierte der Senator ein neues Zulassungsgesetz, das den Hamburger Hochschulen als ersten in der Republik das Auswahlrecht an den Studierenden überlässt. Die ASten geißeln das als „elitäres Ausschlussverfahren“.

Zugleich kündigte Dräger an, trotz eines gescheiteren Moderationsprozesses mit den Betroffenen die Fusion der gewerkschaftsnahen Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) mit der benachbarten Uni im August in ein Gesetz zu gießen. Der studentische Protest gegen solch brachiale Einschnitte hält seit Monaten an. Er wird noch einmal aufbranden, falls das Bundesverfassungsgericht demnächst das bundesweite Verbot allgemeiner Studiengebühren kippt: Dann wird Dräger eine weitere Maut erheben. EVA WEIKERT