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Archiv-Artikel

Musiksender Viva an Viacom verkauft

Wieder erwirbt ein US-Konzern einen hiesigen Fernsehkanal. Damit sind vier von fünf deutschen Musikkanälen in der Hand von Viacom. Bestandsgarantien für die Standorte in Köln und Berlin, aber nicht für die einzelnen Programme

VON STEFFEN GRIMBERG

Als der deutsche Musikkanal Viva vor einigen Jahren den internationalen Marktführer MTV hierzulande überholte, kannte die Begeisterung für das Programm des ehemaligen NRW-Rockbeauftragten Dieter Gorny keine Grenzen. Dann kam die Krise samt Verlusten. Seit gestern ist die Viva Media AG nun in amerikanischer Hand: Ein US-Medienunterunternehmen übernimmt über 75 Prozent der Aktien. Es ist Viacom – der Mutterkonzern von MTV.

Damit sind jetzt nicht nur vier der fünf in Deutschland ausgestrahlten Musikprogramme (Viva, Viva Plus, MTV 1, MTV 2 Pop) unter ein und demselben Konzerndach. Auch die Strategie der deutschen TV-Unternehmen, einen Einstieg der großen US-Konzerne im deutschen Markt zu verhindern, ist endgültig gescheitert. Schon 2003 hatte der US-Medienmilliardär Haim Saban die ProSieben-Sat.1-Senderfamilie übernommen.

Viacom werde seine vier Musikkanäle jetzt neu positionieren und seine Aktivitäten in Deutschland verstärken, sagte Tom Feston, Kopräsident des Konzerns, gestern in Frankfurt. Die Bundesrepublik sei als größter TV-Werbemarkt in Europa ein Schlüsselfaktor für die Wachstumspläne des Konzerns. Zu Viacom gehören das US-Network CBS, Spartenkanäle wie Nickelodeon und Comedy Central, das Hollywood-Studio Paramount sowie die UCI-Kinokette.

Für die bisherigen Senderstandorte Berlin (MTV) und Köln (Viva) gibt es zwar Bestandsgarantien, möglicherweise bleiben aber nur zwei bis drei Musiksender erhalten. MTV war erst im April mit massiven Subventionen von München an die Spree gelockt worden.

Beschränkungen könnten der freundlichen Übernahme von kartellrechtlicher Seite drohen. Vor allem die Musikindustrie dürfte Einspruch gegen die Konzentration im Musiksender-Markt erheben. Dabei ist sie an dem Geschäft selbst beteiligt: Universal Music und der US-Konzern Time-Warner (Warner Music) waren bislang die Großaktionäre der Viva Media AG, die jetzt für 12,65 Euro pro Aktie den Besitzer wechseln soll. Damit zahlt Viacom zunächst knapp 220 Millionen Euro für die 75,3 Prozent der Anteile von Universal und Time-Warner, will aber auch alle weiteren, in Streubesitz befindlichen Viva-Aktien aufkaufen.

Sendergründer und Vorstandschef Gorny ist selbst noch mit 0,6 Prozent der Anteile an der AG beteiligt. Der langjährige Leiter der weltgrößten Musikmesse Popkomm hatte Viva 1993 als MTV-Konkurrenz aufgebaut und später um Viva 2 ergänzt, das mit zahlreichen Formaten für Innovationen im Musik-TV sorgte und zahlreiche Preise erhielt. Im Juli 2000 ging Viva mit großem Erfolg an die Börse, 2001 erfolgte der Zusammenschluss mit der Produktionsfirma Brainpool TV AG („TVtotal“, „Anke Late Night“). Während Brainpool gut läuft, hatte das nationale Musik-TV-Geschäft 2003 für heftige Verluste in Höhe von rund 42 Millionen Euro gesorgt.