berliner szenen Einsamer Jünger

Hare Hare

Einsam sah der Krishna-Jünger aus, der auf der anderen Straßenseite vorbei tanzte. Zwar schien es vorher, akustisch nämlich, als ob sich eine ganze fröhliche Krishna-Gruppe nähern würde: „Krishna, Krishna …“ sang einer, „Hare Hare“, stimmten schallend viele Stimmen ein. Aber dann war es doch nur ein einziges Männchen in Schmutzigorange, das einen Bollerwagen mit einem Radiorecorder darauf hinter sich herzog, aus dem die vermeintlich vielen schallten, aufgenommen in besseren Zeiten.

Den Trick kenne ich aus „Bill Bo und seine Bande“, da verjagen der Graf von Burg Dingelstein und sein Töchterchen Ding-Ding die Räuberclique, in dem sie sich als Armee verkleiden, in echoerzeugenden Burggängen herumbrüllen und durch alle Zinnen Musketen lugen lassen, die sie hinten an Bändern zusammengebunden haben, so dass sie wie Marionetten wackeln. Bei „Bill Bo“ bin ich auf der Seite der Räuber, allein schon wegen Killwas, und verabscheue den billigen Trick des spießigen Grafen. Beim einsamen Krishna-Jünger, ich gebe es zu, hätte ich um ein Haar meinen Beobachtungsposten aufgegeben, hätte fröhliche, rote Kleidung herausgewühlt und wäre hinter ihm hergetanzt. Nur aus Mitleid und auch, weil ich zusah, wie sich zwei Berlinerinnen lauthals über die Rama-Rama-Lärmbelästigung auszeterten.

Zum Glück ist mir jedoch vorher noch eingefallen, dass ich nicht tolerant genug bin für diese Art von Glaube. Wenn’s nach mir ginge, dann würden sämtliche Sekten, egal wie groß, egal ob Christen, Moslems, Krishna-Jünger oder Yogische Flieger, zur Stille verdammt. Apropos Christen: Die störenden Kirchenglocken sollten ohnehin nur noch läuten dürfen, wenn ein Serienmörder ausgebrochen ist oder die Flut kommt. JENNI ZYLKA