Für eine Handvoll Container

Arbeitsgruppe ermittelt hohe Rentabilität einer weiteren Elbvertiefung. Niedersachsens Umweltminister Sander (FDP)ist nicht überzeugt. BUND kritisiert: Schwerer Eingriff nur wegen ein paar Stunden Wartezeit für die Kapitäne

aus HamburgGernot Knödler

Die Elbe würde bei ihrer nächsten Vertiefung weit umfangreicher ausgebaggert als bei der Vertiefung 1999. Das ergibt sich aus einer gemeinsamen Machbarkeitsstudie der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, der Hamburger Wirtschaftsbehörde und einer Privatfirma, die der taz vorliegt. Der Voruntersuchung zufolge würde die Hochwassergefahr nicht steigen, die Vertiefung wäre aus ökologischer Sicht vertretbar und mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis weitaus rentabler als die meisten Autobahnen.

Nach Meinung des Umweltverbandes BUND taugt das zwölf Seiten dünne Papier nicht als Bewertungsmaßstab für Sinn oder Unsinn eines weiteren Flussausbaus. Auch dem niedersächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP), der eher selten mit dem BUND einer Meinung ist, reicht die Studie „bei weitem nicht aus“.

Der Untersuchung liegt die Annahme zugrunde, dass künftig immer mehr große Schiffe mit mehr als 8.000 Containern und einem Tiefgang von bis zu 14,50 Metern den Hamburger Hafen anlaufen wollen würden. Auf der Elbe können sie diesen Tiefgang nicht voll ausschöpfen, weshalb der Senat fürchtet, sie könnten auf bequemere Häfen ausweichen. Als Referenz-Schiff schwebt den Planern ein Riese von 360 Metern Länge und 46 Metern Breite vor, der entsprechend Platz brauchen würde, um die Flusskurven zu bewältigen.

Diese Schiffe sollen künftig mit der Tide voll beladen – mit 14,50 Metern Tiefgang – in den Hafen schwimmen können. Tideunabhängig – rund um die Uhr – soll es ihnen mit einem Tiefgang von bis zu 13,50 Metern möglich sein. Heute sind es 12,80 Meter. Tideabhängig können Schiffe schon heute mit 13,80 Metern Tiefgang fahren.

Für den BUND läuft der Vorschlag daher darauf hinaus, den Schiffen tideunabhängig einen Tiefgang zu ermöglichen, den sie heute nur tideabhängig nutzen können. „Das wollten die Reeder schon immer“, erinnert sich Hamburgs BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. „Hier wird wegen ein paar Stunden Wartezeit ein erneuter schwerer Eingriff in die Elbe vorgenommen“, kritisiert er.

Nach der von den Gutachtern favorisierten Ausbauvariante müsste die 300 Meter breite Fahrrinne streckenweise um mehr als 80 Meter aufgeweitet werden, um Gegenverkehr zu ermöglichen. Mit 38 Millionen Kubikmetern müsste mehr als doppelt so viel Material aus dem Strom gebaggert werden als 1999. Trotzdem sei diese „Fahrrinnenanpassung hinsichtlich ihrer ökologischen Folgewirkungen so umsetzbar, dass die Folgewirkungen noch geringer als die der letzten sein werden“, so die Studie. Der BUND hält das nicht für plausibel. Auch die Behauptung, die Elbvertiefung könne „mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vollständig kompensiert werden“, finden die Umweltschützer „durch nichts belegt“.

Im Hinblick auf das Umweltrisiko und die Hochwassergefahr argumentieren die Gutachter mit den Erfahrungen der 1999er Vertiefung. Umweltminister Sander führt dagegen an, dass die Auswirkungen der jüngsten Vertiefung immer noch nicht vollständig erfasst worden seien. „Hier hat Hamburg noch nicht mit den im Planfeststellungsbeschluss vorgeschriebenen Methoden nachgewiesen, was mit der Natur passiert“, moniert der FDP-Politiker.