: Drahtiger Lastenesel
Wer auf große Radtour geht, gibt für den Kofferraum oft so viel Geld aus, wie andere Leute für ein neues Fahrrad. Das Prinzip Plastiktüte und andere Tipps und Tricks zum Gepäcktransport per pedales
von gernot knödler
Radfahrer kaufen gerne schwarz. „Viele Kunden wollen dunkle Taschen, da kann man sich den Mund fusselig reden“, erzählt Michael Jürries vom Fahrrad-Supermarkt BOC in der Stresemannstraße. Dabei sind die Nachteile dunklen Fahrrad-Gepäcks in den Augen des erfahrenen Touren-Radlers augenfällig: Was dunkel ist, wird bei schlechtem Wetter schlecht gesehen und heizt sich bei gutem Wetter auf. Im Sonnenschein kann so eine Packtasche schnell zum Bio-Reaktor werden. Zwar gibt es für den Gepäck-Transport auf der Radtour ausgefeilte Taschensysteme zu kaufen. Wer außerdem noch ein paar Tipps von Praktikern berücksichtig, schont jedoch Geldbeutel und Nerven.
Für eine große Tour mit Zelt und Kocher empfiehlt es sich, das Gepäck über das gesamte Fahrrad zu verteilen oder einen Anhänger zu schleppen. „Man verwendet einen Anhänger, um das Gepäck vom Rad wegzukriegen“, sagt Rüdiger Holst vom Radhaus Ottensen. Er beeinträchtige das Fahrverhalten des Rades minimal und sei mit einem Handgriff abgekoppelt. „Man kann sich mit einem Ein-Spur-Anhänger genauso in die Kurve legen“, verspricht Holst. Preise von 350 bis 450 Euro inklusive Tasche toppen aber selbst exklusive Taschensysteme am Rad.
Ohne Anhänger, empfiehlt der Barmbeker Ausrüstungshändler Globetrotter: Zwei Taschen hinten, zwei Taschen vorn und eine Lenkertasche. Viele Tourenfahrer packen sich noch eine Rolle quer über den hinteren Gepäckträger. Für den, der Komfort liebt, sind sogar spezielle Köfferchen im Angebot. Voneinander unabhängige Taschen lassen sich leichter handhaben. Die hinteren Taschen sollten zudem angeschrägt sein, um den Fersen Raum zu geben.
Gepäckträger für vorne gibt es kaum noch zu kaufen. Aus Gründen des Fahrstabilität sind ohnehin so genannte „Low Rider“ anzuraten: an einem Gestell tief befestigte Taschen. 60 Prozent des Gewichts sollten in die kleinen Vorderrad-, 40 Prozent in die Hinterradtaschen gepackt werden, empfiehlt Jürries. Durch den Körper der RadlerIn liege der Schwerpunkt bereits hinten. Und das Hinterrad ist belastungsanfälliger, weil es wegen der Schaltung asymmetrisch gespeicht ist.
Die Vielzahl an Taschen und Täschchen kann sich zu einer stolzen Summe addieren. Die wasserdichten Packtaschen des Herstellers Ortlieb, auf die viele Radler schwören, kosten für hinten pro Paar mindestens zirka 100 Euro. Sie sind robust und mit einem stabilen, komfortablen Befestigungssystem versehen. Das leichteste Paar wiegt allerdings bereits anderthalb Kilo. Dazu kommen kaum leichtere Low-rider-Taschen ab 80 Euro, Packrolle und Lenkertasche mit jeweils gut einem halben Kilo. „Fahrradtaschen sind meiner Meinung nach zurzeit viel zu schwer“, sagt Jürries.
Das gilt auch für die Konkurrenzmodelle, ob wasserdicht oder nicht, weil das Bemühen um Robustheit das Gewicht steigert. Wasserdichtigkeit hält Jürries nicht für erforderlich. Er behilft sich mit Müllbeuteln unterschiedlicher Größe, mit denen sich das Gepäck auch sortieren lässt. Nicht-dichte Taschen lassen Dunst entweichen und bieten Außentaschen für Kleinkram sowie Netze, in denen sich nasse Sachen trocknen lassen. Außerdem sind sie, selbst wenn man auf Markenprodukte wie vaude zurückgreift, billiger.
Einige Händler bieten zum Teil etwas abgespeckte Noname-Produkte oder Hausmarken an, die bis zur Hälfte billiger sind. Das Prinzip Plastiktüte trägt zwar nicht zu schönen Urlaubsfotos bei, spart aber ebenfalls Geld und Gewicht. Ein Kollege verwendet als Gepäckrolle fürs Hinterrad zum Beispiel einen robusten grauen Müllsack und Jürries zieht einen Haushaltsmüllbeutel über die Lenkertasche, wenn es regnet: Deren Inhalt bleibt trocken und die Straßenkarte einigermaßen lesbar.