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Archiv-Artikel

Jukebox

Arm, armselig ... und das jetzt mit Musik

Das Tolle an der Musik ist unter anderem, das man rein gar nichts für sie braucht. Sie hat man immer schon mit sich dabei, in seiner Stimme, die sich schön auch zu anderen fügt, beim Singen. Musik. Kostet einem nichts?

Da muss man nur mal Eltern fragen, die ihre Kinder in den Musikunterricht schicken. Wachsmalkreiden für die bildnerische Kunst kommen da erheblich billiger. Musik macht arm. Der Orchestermusiker braucht neben seinen schwarzen Socken doch auch ein anständiges, also teures Instrument für seinen Beruf. Oder die prima an russischen oder sonstigen Ostkonservatorien ausgebildeten Musiker, die die Hoffnung auf etwas Geld in die westlichen Fußgängerzonen treibt, wo sie mit ihren Klassikgassenhauern dann den anderen Straßenmusikern den Platz wegnehmen. Wie hört sich überhaupt Musik auf Hartz IV an?

Was doch schon mal eine paar Gründe für die Zusammenführung der beiden Sachverhalte sind: Musik und Armut. In einer Konferenz nächstes Wochenende im Haus der Kulturen der Welt wird darüber diskutiert. Erster Stichwortgeber bei der „Audio Poverty“ geheißenen Veranstaltung ist natürlich die Krise, in die die Musikindustrie durch die Digitalisierung getrieben wurde. Wobei am ersten Tag der Konferenz auch über die Frage diskutiert werden soll, ob nicht gerade in den digitalisierten Musikarchiven noch Kapital steckt. Jede nur mal aufgenommene Musik kann derzeit ja irgendwie aus dem Netz besorgt werden. Ein Reichtum, der gleich wieder in die Armseligkeit der Beliebigkeit mündet. „Was fehlt, ist, dass man wieder verbindlich über Musik spricht“, meinte Björn Gottstein, der zusammen mit dem Musiker Ekkehard Ehlers die Konferenz organisiert, vor kurzem in der Spex. Was am zweiten Audio-Poverty-Tag unter der Dachzeile „Kritik der Kritik“ besprochen wird. Am dritten Tag schließlich die Frage, ob man musikalische Armut auch hören kann. Von einer musica povera spricht Gottstein in diesem Zusammenhang. Eine Ästhetik der Armut. Das Arbeiten mit einfachen Mitteln, auch als kritische Methode.

Wasser wäre ja so ein „armes“ Instrument. Am Mittwoch, beim Ultraschall-Konzert mit der Aufführung von Mauricio Kagels „Exotica“ durch das Ensemble Modern, war zwischendurch zu hören, wie einfach nur Wasser geschöpft und ausgegossen wurde. Ein toller Sound. Ganz arm. Aller Reichtum des Menschen aber entwickelte sich immer am Wasser. THOMAS MAUCH

Audio Poverty. 6.-8.  2. audiopoverty.de