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Archiv-Artikel

Trickreich aufklären

Wellinghausen-Affäre: SPD und GAL lassen nicht locker. Vorwürfe auch an Bürgermeister von Beust. Innensenator Schill stellt Koalitionsfrage und behauptet dann das Gegenteil

Der eine macht nichts, und der andere will nichts gesagt haben – dieses Bild bietet der Rechtssenat nach Ansicht des SPD-Fraktionsvizes Michael Neumann in der Affäre um Innenstaatsrat Walter Wellinghausen. „Der Bürgermeister tut nichts, weil er Angst vor Schill hat“, vermutet Neumann. Denn der Innensenator soll intern gar mit dem Ende von Schwarz-Schill gedroht haben: „Wenn ihr mir Wellinghausen wegschießen wollt, ist das das Ende der Koalition“, zitierte ihn gestern sein Hoforgan Bild-„Zeitung“. Dieser Satz sei bei einer „Krisensitzung“ der Innenpolitiker von CDU, Schill-Partei und FDP gefallen.

Schill bestätigte gestern, dass er „auf eindringliche Art und Weise“ an den Koalitionsfrieden appelliert habe, es sei aber „keine Krisensitzung“ gewesen. Sein Sprecher Marc März beteuerte, ein Ende der Koalition „steht nicht an und ist keine realistische Option“.

Zuvor waren die Innenpolitiker Carsten Lüdemann (CDU) und Leif Schrader (FDP) deutlich auf Distanz zu Wellinghausen gegangen. Auch die Schill-Abgeordneten Frank-Michael Bauer und sogar Dirk Nockemann, hauptberuflich Büroleiter des Innensenators, hatten in Frage gestellt, ob Wellinghausen sich korrekt verhalten habe. Ihr Chef aber hält unverdrossen an seinem Staatsrat fest: „Ich gehe weiterhin davon aus, dass ihm nichts vorzuwerfen ist“, bekräftigte Schill.

Wellinghausen werden unerlaubte Nebentätigkeiten und unzulässige Nebeneinkünfte vorgeworfen. Auch habe er durch eine Intervention den vom Senat bereits beschlossenen Rausschmiss eines Polizisten verhindert. Der wegen mehrerer Delikte rechtskräftig verurteilte Beamte war vor Gericht und offenbar auch im behördeninternen Disziplinarverfahren Mandant des damaligen Rechtsanwaltes Wellinghausen gewesen.

Die GAL-Fraktionsvorsitzende Christa Goetsch warf Schill gestern vor, von seinem Staatsrat derart „abhängig“ zu sein, dass er ihn um jeden Preis halten müsse, „unter Missachtung aller rechtlichen Grundsätze“. Sie frage sich, „warum dieser Mann noch Staatsrat sein darf, nachdem derartig schwere Verfehlungen offenbar wurden“.

Bürgermeister Ole von Beust hat brieflich eine Aufklärung der Angelegenheit gefordert. Dies sei mit einem „disziplinarrechtlichen Vorermittlungsverfahren“ gleichzusetzen, hatten am Mittwoch übereinstimmend Sprecher von Staatlicher Pressestelle und Innenbehörde gegenüber der taz erklärt. Inzwischen wird dementiert, dass es sich um eine diziplinarrechtliche Maßnahme handele.

Zur Aufklärung dieser argumentativen Diskrepanz hat Neumann gestern eine umfangreiche Anfrage an den Senat eingereicht. Denn, so sein Verdacht: „Der Bürgermeister klärt nicht auf, er trickst.“ sven-michael veit