: Kein Bett im Kornfeld
Sex im Freien wird nicht besser, je öfter er als ultimativer Kick gehypt wird. Dazu gibt es in der Natur viel zu viele Viecher, die sich ins Zwischenmenschliche einmischen
taz ■ Redaktionelles Brainstorming zum Thema „Sommerlust“. Erste Assoziation: Sex im Freien. Aufschrei der Kolleginnen. „Tausend mal gelesen! Wird dadurch nicht besser!“ Genau. Man kann es nicht oft genug sagen. Zwar taucht aus jedem Sommerloch regelmäßig eine Statistik auf, nach der „fast die Hälfte“ aller Deutschen es am allerliebsten draußen tun – doch Statistiken lügen und die Deutschen auch.
Liebemachen „openair“ ist nur was für Angeber, die sich gerne mit ihrer Experimentierfreudigkeit brüsten. Alle anderen wissen, warum sie die Badewanne dem Werdersee vorziehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass mitten im Akt eine ausgesetzte Schnappschildkröte ein entscheidendes Teil abbeißt, ist hier doch ungleich geringer. Und wer schleppt schon ständig ein Moskitonetz mit sich herum, dass flugs aufgespannt wird, wenn es zum Spontansex in den Wallanlagen kommt? Dabei kann man schon von Glück reden, wenn der Hintern bloß von einer Mücke zerpiekst wurde. Wespen! Hornissen! Tsetsefliegen!
Sex im Freien ist außerdem anstrengend, denn hinlegen ist nicht. Es sei denn, man bringt ein naturwissenschaftliches Interesse mit und freut sich über Ameisenstraßen quer über den Oberschenkel. Oder die Leidenschaft ist schon ein wenig in die Jahre gekommen und man schätzt das gewisse Kribbeln, das tausend Tausendfüßler im Schritt erzeugen. Wobei Kleingetier noch das geringere Übel ist. Viel schlimmer: Hunde, die ihre Schnauze überall dort hinstecken, wo sie ganz bestimmt nicht hingehört. Womit das Hundeparadies Unisee-Wildnis ausscheidet. Auch das Hollerland kommt nicht in Frage, wegen der hier lebenden Schlammpeitzger. Die seltenen Fischchen würden sich aus Scham möglicherweise zu tief in den Schlamm eingraben. Da bleibt nur noch eins: Wer gar nicht auf den Akt im Freien verzichten mag, geht ins Freibad. Dort gibt es keine Hunde, dafür aber weich gefederte Liegewiesen. Und Duschen. E. Bruhn