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Archiv-Artikel

Klima auf dünnem Eis

Um vor dem Klimawandel zu warnen, durchsegelt der Abenteurer Arved Fuchs mit Unterstützung des WWF zum zweiten Mal die Nordwest-Passage. Wittstocker Gesamtschüler werden Kontakt zur Expedition halten und sie in ihren Unterricht einbauen

aus Hamburggernot knödler

Viele sind an der Nordwest-Passage gescheitert. Ihr Schicksal lieferte den Stoff für Legenden und für den Bestseller „Die Entdeckung der Langsamkeit“. Jetzt will der Abenteurer Arved Fuchs aus Bad Bramstedt (Schleswig-Holstein) den Seeweg am nordamerikanischen Kontinent vorbei zum zweiten Mal bezwingen. Dabei dürfte ein Phänomen helfen, das ihm einen vernünftigen Grund für diesen weiteren Segeltrip am Rande des ewigen Eises verschafft: Das Eis zieht sich zurück und wird von Jahr zu Jahr dünner – ein Vorbote des Klimawandels. Unterstützt vom World Wide Fund for Nature (WWF) wollen Fuchs und seine Crew die Folgen der globalen Erwärmung zum Beispiel für Eisbären beobachten. Drei Schulen werden das Projekt im Unterricht begleiten. „Wir wollen dem Klimaproblem eine menschliche Dimension geben“, sagt Fuchs.

Nach einer Studie des WWF ist die durchschnittliche Lufttemperatur in der Arktis um fünf Grad Celsius angestiegen, seit es Roald Amundsen vor 100 Jahren zum ersten Mal gelungen ist, die Nordwest-Passage zu durchfahren. Das Packeis sei in den vergangenen 20 Jahren um sechs Prozent geschrumpft. „In der Arktis erwärmt sich das Klima zwei- bis dreimal schneller als im globalen Durchschnitt“, sagt Peter Prokosch vom WWF Deutschland. Bis zum Jahr 2050 sei mit einem Rückgang des Sommereises um 60 Prozent zu rechnen.

Die Daten des WWF passen zu den Erfahrungen, die Fuchs bei seiner Durchsegelung der Nordost-Passage am Nordrand des asiatischen Kontinents vor zwei Jahren gemacht hat. Mehrfach schon war er mit seinem Segelkutter „Dagmar Aen“ in der arktischen Region unterwegs, erzählte Fuchs. „Wir haben noch nie eine so ungewöhnliche Eislage vorgefunden wie 2002.“ Auch die einheimischen Tschuktschen hätten den Wandel bestätigt.

Für die Eisbären könnte dieser Wandel fatal sein. Sie jagen auf dem Packeis, das die See rund um den Nordpol bedeckt. Im Sommer, wenn sich das Eis in den Norden zurückzieht, gehen die Bären an Land, wo sie fasten müssen, denn ihre Beute, vor allem Robben, aber auch junge Walrosse und Wale, lebt im Meer. Je kürzer die Eiszeit ist, desto weniger Zeit haben sie, sich Fettreserven anzufressen.

„Jede Woche, die die Bären früher an Land gehen müssen, sind sie zehn Kilogramm leichter und befinden sich somit in schlechterer körperlicher Verfassung als normal“, sagt der Eisbärenforscher Ian Stirling. Das gefährde die Fortpflanzung und damit den Bestand der schätzungsweise 22.000 Eisbären in der Arktis. „Dem Eisbären geht es immer so gut, wie seinem Lebensraum“, postuliert der WWF. Weil ursus maritimus an der Spitze der Nahrungskette stehe, eigne er sich gut als Indikator für den Zustand des Ökosystems.

Die SchülerInnen der Gesamtschule Wittstock und zweier Rathenower Schulen (Mecklenburg-Vorpommern) werden Gelegenheit haben, Fuchs und seine Expedition im ständigen Austausch zu begleiten und diese Zusammenhänge am lebenden Projekt zu lernen. Die Jugendlichen erhalten Filme, Fotos und Tagebücher von unterwegs und sie können Fragen an die Crew stellen. „Es werden theoretische Wissensgewinne mit praktischen Erfahrungen vom Schiff gekoppelt“, sagt die Wittstocker Schulleiterin Sabine Steinbach: „Jetzt ist eine Motivation bei meinen Schülern entstanden, die ist gar nicht zu bremsen.“