: Der Vatikan schweigt bis heute
betr.: „Der Papst, der schwieg“ von Philipp Gessler, taz zwei vom 23. 1. 09
Man wird der Persönlichkeit von Pius XII. nicht gerecht, wenn man nur das Schweigen des Papstes zum Holocaust während seines Pontifikats von 1939 bis 1958 betrachtet. Der Vatikan schweigt dazu ja bis heute. Und in der Erklärung von Papst Johannes Paul II. von 1998 zum „Nachdenken über die Shoa“ räumt dieser zwar „die Mitschuld von Christen am Holocaust ein, nicht aber die Mitschuld der Kirche“. Darüber kann auch die Ausstellung in Berlin nicht hinwegtäuschen. Mit dem Hinweis auf die Zeit von 1917 bis 1929, in der Eugenio Pacelli als Nuntius in München und Berlin tätig war und die Konkordate mit Bayern und der Reichsregierung abgeschlossen und vorbereitet hat, kommt man der Sache schon näher. Dieses Ziel hat er auch als Kardinalstaatssekretär ab 1930 aktiv weiterverfolgt. Dazu hat er von Anfang an eng mit der katholischen Zentrumspartei und deren Vorsitzenden zusammengearbeitet, bis hin zu Hitlers Vizekanzler und päpstlichem Kammerherrn Franz von Papen, der das Konkordat von 1933 für die deutsche Seite unterschrieben hat.
Franz von Papen war ja derjenige, der die Machtergreifung Hitlers und die Abschaffung der Weimarer Republik hinter den Kulissen aktiv betrieben hat. In dem berühmt-berüchtigten konspirativen Treffen mit Hitler am 4. 1. 1933 im Hause des Kölner Bankiers von Schröder, des Vertrauensmanns der deutschen Schwerindustrie, hat von Papen die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durch einen kalten Staatsstreich am 30. 1. 1933 vorbereitet. Dabei konnte er sich der Unterstützung von Papst Pius XI. sicher sein, der später erklärt hat, „er müsse zugeben, dass Hitler der einzige Regierungschef der Welt sei, der so über den Bolschewismus spreche wie er“. Dieser Antibolschewismus war es auch, der das Handeln von Eugenio Pacelli (dem späteren Papst Pius XII.) von Anfang an bestimmt hat. Dafür war er bereit, Hitler fast jedes Zugeständnis zu machen und sogar die demokratische Zentrumspartei fallen zu lassen, nachdem diese Hitler zur notwendigen Zweidrittelmehrheit für das berüchtigte „Ermächtigungsgesetz“ vom 24. 3. 1933 verholfen hatte, die diesem uneingeschränkte Machtvollkommenheit verschaffte. Und mit dem Reichskonkordat vom 20. 7. 1933 verhalf Kardinalstaatssekretär Pacelli Hitler zur internationalen Legitimierung des NS-Regimes. Es besteht kein Zweifel, dass Pacelli als langjähriger päpstlicher Nuntius in Berlin genau wusste, was er tat, als er das Konkordat mit dem nationalsozialistischen Regime schloss. Der Konkordatsbeschluss verfehlte auch nicht seine Wirkung auf diejenigen Kräfte im westlichen Ausland, die trotz aller Vorbehalte gegen Hitler das nationalsozialistische Deutschland als Bollwerk gegen den Bolschewismus betrachteten. HORST BEGER, Essen