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Archiv-Artikel

Eine besonders schwere Schuld

Was Magnus G. zu vermeiden gehofft hatte, ist eingetreten: Für seinen Mord an dem entführten Kind Jakob bleibt er mindestens bis 2020 in Haft

aus Frankfurt am Main HEIDE PLATEN

Mit lebenslanger Haft sühnte die 22. Strafkammer des Frankfurter Landgerichts gestern Mittag den Tod des elfjährigen Frankfurter Bankierssohnes Jakob von Metzler. Es verurteilte den Angeklagten Magnus G. (28) wegen Mordes in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub. Er habe das arg- und wehrlose Kind am 27. September 2002 aus Habgier entführt und zur Verdeckung der Straftat heimtückisch ermordet.

Das Urteil kam für alle Prozessbeteiligten nicht überraschend. Auch die Verteidigung hatte keinen Zweifel an der Schuld ihres Mandanten. Vorsitzender Hans Bachl sprach dann aber zu Beginn jenen Satz, auf dessen Ausbleiben der Angeklagte und seine Anwälte gehofft hatten: „Die Schuld des Angeklagten wiegt besonders schwer.“ Dieser Passus schließt eine Entlassung auf Bewährung nach 15 Jahren Gefängnis aus.

Richter Bachl wandte sich zum Ende seiner Begründung direkt an den Angeklagten und erläuterte ihm die Konsequenz des Schuldspruchs. Es gehe nicht darum, ihm jede Lebensperspektive zu nehmen. Auch in seinem Fall könne bereits nach zehn Jahren begonnen werden, zu prüfen, wie lange er noch inhaftiert bleiben müsse. Eine gesonderte Strafkammer werde dabei sein Verhalten in der Haft und seine Mitarbeit am „Erreichen des Vollzugsziels“ mitbewerten. Es hänge also von ihm selbst ab, ob er noch „eine Zukunft“ habe: „Das ist ein harter und schwerer Weg.“ Dass er ihn gehen müsse, habe der Angeklagte allerdings „sich selbst zuzuschreiben“. Magnus G. hörte die anderthalbstündige Urteilsbegründung fast regungslos.

Bachl begründete das harte Urteil damit, dass einer Fülle von strafverschärfenden Gründen nur sehr wenige mildernde gegenübergestanden hätten. Jakob von Metzler sei dem Täter vertrauensvoll in dessen Wohnung gefolgt, habe Todesangst gehabt und habe, gefesselt mit Klebeband und durch dieses und die Hand des Angeklagten erstickt, mindestens zwei Minuten lang bei Bewusstsein gelitten, ehe er „dort einen schrecklichen und qualvollen Tod starb“. Magnus G. habe mit der Planung der Tat schon im April begonnen, weil er sein Erspartes aufgebraucht hatte und seinen luxuriösen Lebensstil im Kreise seiner reicheren und erheblich jüngeren Freunde nicht mehr aufrechterhalten konnte. Er habe sein „Lügengebäude“ eines erfolgreichen, wohlhabenden Mannes gefährdet gesehen. Besonders verwerflich sei auch, dass er beim Ausspionieren der Lebensgewohnheiten der Familie das Vertrauen der Schwester des Jungen ausgenutzt habe, die ihm ihren kleinen Bruder „vorgestellt hat“. Spätestens da sei klar gewesen, dass das Kind nach der Entführung sterben müsse, sein Tod „ein unumstößliches Faktum“ mit „einer stringenten Zwangsläufigkeit“ gewesen sei.

Magnus G., so das Gericht, sei voll schuldfähig. Er habe allerdings „Persönlichkeitsdefizite“. Mit der Tat habe er sich in seinem Freundeskreis, der „Ibiza-Clique“, Anerkennung „erkaufen wollen, auch um den Preis eines Menschenlebens“. Er habe das falsche Selbstbild eines „lieben Menschen“ gepflegt, habe wenig Selbstbewusstsein, sei konfliktscheu und narzisstisch. Er habe mit „Unbarmherzigkeit, Skrupellosigkeit und maßloser Geldgier“ gehandelt. Das Gericht wertete das zu Beginn der Verhandlung noch einmal abgelegte Geständnis nicht als strafmildernd. Zum einen hätten die Indizien zur Verurteilung ausgereicht, zum anderen könne es keine Rolle spielen, dass das erste Geständnis von G. am 1. Oktober 2002 von der Polizei mit der Androhung körperlicher Gewalt erpresst worden sei. Diese strafbare Handlung sei allein der Polizei zuzurechnen und dürfe keinerlei Auswirkungen auf die Objektivität des Gerichts haben, das allein die Tat bewerte.

Bachl kritisierte G.s Verteidiger Hans Ulrich Endres, der am Wochenende bei Verhängung der „besonderen Schwere der Schuld“ mit Verfassungsbeschwerde gedroht hatte. Die Verteidigung, so Bachl, hätte „besser selbstkritisch geprüft, wie der Angeklagte mit seiner Darstellung nach außen wirkt“. Der habe sich erst in seinem Schlusswort vor zwei Wochen dazu durchringen können, zuzugeben, dass er den Tod des Jungen „billigend in Kauf genommen“ habe. Damit sei er nur „einen kleinen Schritt“ weitergekommen. Schuldeinsicht und Selbsterkenntnis bedürften bei G. einer Therapie und „jahrelanger Arbeit“.