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Archiv-Artikel

Miethai & CoEigenbedarfskündigung Freie Wohnung anbieten

Ein Vermieter, dem mehrere Wohnungen im Hause gehören, kündigt einer Mieterin wegen Eigenbedarf das Mietverhältnis. Die Mieterin ist am Ende der Kündigungsfrist nicht ausgezogen, sodass der Vermieter eine Räumungsklage eingereicht hat. In dem Prozess stellt sich heraus, dass nach Ablauf der Kündigungsfrist, aber noch bevor der Prozess beendet war, in demselben Haus eine gleich große Wohnung frei geworden ist, die der Vermieter jedoch nicht der gekündigten Mieterin angeboten, sondern gleich an einen anderen Mieter neu vermietet hat. Die gekündigte Mieterin hat sich daraufhin im Prozess auf den Standpunkt gestellt, dass der Vermieter ihr die freigewordene Wohnung hätte anbieten müssen. Da er das nicht getan habe, sei nun seine Berechtigung entfallen, den Eigenbedarf gegen sie durchzusetzen. Immerhin sei die Kündigung der Wohnung ein entscheidender Eingriff in die Lebensumstände eines Mieters, sodass dieser so schonend wie möglich ausgeübt werden müsse.

In vielen gleichartigen Fällen sind bislang die Gerichte tatsächlich davon ausgegangen, dass ein Vermieter in solch einer Konstellation der gekündigten Mieterin die frei gewordene Wohnung hätte anbieten müssen. Zum Teil wurde diese Vermieterpflicht ausgedehnt bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Mieterin dann entgültig die Wohnung verlassen hatte.

Das ist nun aufgrund neuer Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 9. Juli 2003 (Az. VIII ZR 311/02 und VIII ZR 276/02) anders entschieden worden. Ab jetzt muss der Vermieter nur noch die Wohnungen melden, die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigeworden sind. Ansonsten würde, nach Meinung des BGH, ein Mieter nur allein durch die Hoffnung ermutigt, einen Rechtsstreit zu führen, dass im Laufe der gerichtlichen Auseinandersetzung, die sich möglicherweise über Monate, manchmal sogar Jahre, hinziehen kann, eine andere Wohnung im selben Haus frei werde. Durch eine nach dem Vertragsende fortgeltenden Anbietpflicht würde ein Vermieter jedoch in seinem aus Art. 14 GG geschützten Eigentumsrecht unverhältnismäßig eingeschränkt.

Dieses Argument kann letztendlich nicht nachvollzogen werden. Gerade weil der Eingriff in die Lebensumstände eines gekündigten Mieters so groß ist, sollte ein Vermieter zu jedem Zeitpunkt verpflichtet sein, frei gewordene Wohnungen dem gekündigten Mieter anzubieten. Die Entscheidung des BGH hat jedoch den Vorteil, dass nunmehr in diesem Punkte Rechtssicherheit hergestellt ist, da sich ab sofort alle Amts- und Landgerichte an diese neue Rechtsprechung halten müssen.

Dirk Dohr ist Jurist bei Mieter helfen Mietern, Bartelsstr. 30, 20357 HH, Tel. 431 39 40, info@mhmhamburg.de, www.mhmhamburg.de