: BUND: Senat noch nicht gelandet
Trotz der geplanten Schließung des Flughafens Tempelhof sieht der Umweltverband noch viele Defizite in der rot-roten Umweltpolitik. Aber es gebe auch Fortschritte, etwa das Aus für Atomstrom
von RICHARD ROTHER
Die Umweltpolitik des rot-roten Senats ist verbesserungswürdig. Zu diesem Ergebnis kommt der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), der gestern eine Halbzeitbewertung vorlegte. In manchen Bereichen habe es Verbesserungen gegeben, in anderen große Versäumnisse. Oft habe der Senat trotz ambitionierter Vorhaben viel zu defensiv gespielt, so BUND-Landeschef Stefan Bundscher. „Das muss in der zweiten Halbzeit besser werden.“ Mit der Auswechslung von Exstadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hofft der Verband nun auf mehr Engagement des Senats im Natur- und Umweltschutz. Hier die wichtigsten Punkte in der BUND-Bilanz:
Auto & Verkehr
Positiv: Der Stadtentwicklungsplan Verkehr sei erstmals kein Infrastrukturplan. Auf bestimmte Straßenneubauten wurde verzichtet (Nordtangente), Vorrang hat der Grundgedanke „Sanierung vor Neubau“. Die Gestaltung des Pariser Platzes ohne Autoverkehr sei beispielgebend. Negativ: Die Luftreinhalteplanung, insbesondere beim Feinstaub, lasse zu wünschen übrig. Zudem habe sich der Senat nicht das Ziel gesetzt, dass weniger Autoverkehr wünschenswert wäre. So halte er an Projekten fest, die mit Bundesmitteln finanziert werden, etwa am Ausbau der Stadtautobahn.
Öffentlicher Nahverkehr
Negativ: die Abschaffung des Sozial- und des Arbeitslosentickets. Zudem müsse das Straßenbahnnetz ausgebaut werden.
Fahrrad
Positiv: die anvisierte Stärkung des Radverkehrs. Der BUND fordert allerdings, „durch konsequente Abmarkierung von Radstreifen auf der Fahrbahn den Durchlass für Autos zu verringern und zur Senkung der Geschwindigkeit beizutragen“.
Flughafen Tempelhof
Positiv: die Schließung des innerstädtischen Airports. Dies vermindere die Lärmbelastung in Neukölln, Tempelhof und Friedenau.
Abfallwirtschaft
Positiv: der weiter Bau von Müllverbrennungsanlagen ist vom Tisch, die Entsorgung des Berliner Hausmülls wurde mit ökologischen Anforderungen ausgeschrieben. Zudem wolle die neue Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer an der Sammlung von Biomüll festhalten.
Grünflächen
Negativ: Die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und PDS werde beim Erhalt von Grün- und Freiflächen klar gebrochen. Zerstörte Natur werde nicht, wie gesetzlich vorgesehen, angemessen ökologisch ausgeglichen. Bereits geplante Parkanlagen (wie zum Beispiel der Mauerpark in Mitte) oder vorhandene Grünflächen (wie zum Beispiel das so genannte Diplomatenwäldchen zwischen Tiergarten und Landwehrkanal) fielen immer wieder dem Städtebau zum Opfer. „Immer noch werden stadtökologisch wertvolle Flächen verkauft, um Haushaltslöcher zu stopfen, ohne dabei an ein nachhaltiges Flächenmanagement zu denken.“ Zum Beispiel würden nun große Teile des Friedrich-Werderschen-Parks bebaut.
Wald
Negativ: Immer noch könne Waldfläche in Bauland umgewandelt werden (etwa auf dem Teufelsberg oder den Müggelbergen), kritisiert der Umweltverband. Zudem sei das Vorkaufsrecht der Berliner Forsten bei einem Verkauf von Wald gestrichen worden.
Regionalparks
Negativ: Die Schaffung eines Grüngürtels von acht Regionalparks und dem Naturpark Barnim komme nur schleppend voran. Dazu fehle eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Berlin und Brandenburg, die Finanzierung sei problematisch.
Energie-Einsparungen
Positiv: Einzelne Senatsprogramme, wie die Energie-Patenschaften, wiesen in die richtige Richtung. Negativ: Berlin nutze nicht die Einsparmöglichkeiten bei öffentlichen Gebäuden. Hier fehle ein landesweites Energie-Management, jeder Bezirk könne vor sich hinwerkeln.
Regenerative Energien
Negativ: Berlin betreibe keine Solarförderung. Zudem gebe es bis heute keine Windenergie- und keine Biomasseanlage. Berlin nehme in der Solarbundesliga aller deutschen Städte den Platz 543 ein.
Atomenergie
Positiv: Der Senat habe eine Forderung der Umweltverbände umgesetzt: kein Atomstrom für öffentliche Gebäude.
Havel-Ausbau
Negativ: der Ausbau von Havel und Spree für große Schiffe.
Grundwasser
Negativ: Ein Konzept für das Grundwassermanagement fehle. Immer noch würden Trinkwasserbrunnen geschlossen, an anderer Stelle werde die Fördermenge erhöht, Feuchtbiotope trockneten aus.
Gewässerschutz
Negativ: Die Maßnahmen zum Gewässerschutz seien nicht ausreichend. Problematisch: Altmedikamente im Abwasser, defekte Abwasserleitungen und Kleingärten, die an keine moderne Abwasserentsorgung angeschlossen sind.