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Archiv-Artikel

berliner szenen Türkischer Knabberkram

Die Spur der Körner

Schalen pflastern ihren Weg. Wer sich in der Kreuzberger Oranienstraße im „Kuruyemis“-Laden mit Knabberkram wie Sonnenblumenkernen, getrockneten Kichererbsen und anderen Hülsenfrüchten eindeckt und davon auf dem Nachhauseweg nascht, der hat schnell eine kleine Körnerspur gelegt. Dass der Laden erstaunlich gut läuft, lässt sich deutlich am Körnerbelag auf der Oranienstraße ablesen: Er ist zuweilen so dicht wie die Schicht von Sägespänen in einer Werkstatt, in der gehobelt wurde.

„Kuruyemis“ heißt übersetzt so viel wie Trockenfutter und ist ein traditioneller Snack, der in der Türkei zum Tee wie zum Cocktail gereicht wird, inzwischen aber auch hierzulande immer mehr Anhänger findet – nicht nur unter Migranten. Seit in der Oranienstraße der erste „Kuruyemis“-Shop eröffnet hat, ist das Knabberzeug zur richtigen Mode geworden. Die Betreiber des Ladens sind nun auf dem besten Wege, ein Local Player der hiesigen Imbiss-Szene zu werden wie vor ihnen bereits das Café Einstein, der Falafel-Tycoon „Habibi“ und die türkische Restaurantkette „Hasir“. Schon wurden in Schöneberg und anderen Bezirken „Kuruyemis“-Filialen gesichtet, in Sortiment und Einrichtung identisch mit dem Original in der Oranienstraße.

Dort allerdings bahnt sich jetzt Ärger an. Eine schleichende Vermüllung der Straße beklagen Anwohner, die der Körnerbelag auf der Oranienstraße stört; angeblich sollen sogar schon Unterschriften gesammelt worden sein. Biologisch abbaubar sei der Körnerkram, kontern dagegen die Verteidiger des Knabberzeugs. Ein regelrechter Kulturkampf bahnt sich da an, allerdings quer zu allen ethnischen Fronten und Generationslinien. Nur die Berliner Stadtreinigung BSR schweigt bislang. DANIEL BAX