american pie
: Die weiblichen Profiligen in den USA stagnieren

Langer Weg zur Sonnenseite

In dem wunderbaren Animationsfilm „Shrek“ gibt es eine Szene, in welcher der gesprächige Esel unbedingt mit dem Titelhelden auf Abenteuertour gehen möchte. „Pick me, pick me, pick me“, ruft er unaufhörlich und hüpft dabei gummiballartig in die Luft. Ähnlich benahm sich der Fußballverband der USA, als klar wurde, dass die Weltmeisterschaft der Frauen in diesem Jahr wegen der Sars-Epidemie nicht wie geplant in China stattfinden kann. Das Theater hatte Erfolg, man pickte die USA, die nun das Turnier vom 20. September bis 12. Oktober ausrichten dürfen.

Für die Profiliga WUSA könnte die Veranstaltung zum Segen werden – und den hat sie auch bitter nötig. Nach dem WM-Triumph der USA 1999 im eigenen Land verschaffte die Popularität von Stars wie Mia Hamm, Julie Foudy oder Brandi Chastain der WUSA einen glänzenden Start, 34.148 Fans sahen das Eröffnungsspiel in Washington. Mittlerweile ist die Euphorie verpufft. Ein Schicksal, das die WUSA mit der Frauen-Basketball-Liga WNBA teilt, die nach dem Olympiatriumph 1996 gegründet wurde und ihre siebte Saison erlebt.

Beide Organisationen leiden unter Zuschauerschwund, niedrigen TV-Quoten und Sponsorenmangel. Die aus 14 Teams bestehende WNBA stand wegen eines gerade noch abgewendeten Arbeitskampfes vor der Absage der Saison, sogar das endgültige Aus schien nicht unmöglich. Die Teams in Miami und Portland wurden wegen mangelnder Rentabilität aufgelöst, die aus Orlando und Utah zogen nach Connecticut bzw. San Antonio um. Der Zuschauerschnitt ist von rund 11.000 auf etwa 9.000 gesunken, am Ende dieser Saison wird ein Defizit von 12 Millionen Dollar stehen. Der Sache wenig dienlich ist die Dominanz der Los Angeles Sparks und Houston Comets, die bisher alle sechs Titel unter sich ausmachten.

In der Fußball-Liga, die in acht Teams die besten Spielerinnen aus aller Welt versammelt, sank der Zuschauerschnitt von 8.116 im Jahr 2001 auf 6.957 letzte Saison und beträgt derzeit etwa 6.500. Die TV-Quoten sind minimal. WM-Star Julie Foudy von San Diego Spirit bringt die Probleme beider Frauenligen auf den Punkt: „Wir kommen prima bei Familien und Kindern an, aber wir tun uns schwer, den dreißig Jahre alten Typen zu unseren Spielen zu kriegen.“ In der WUSA ist das Publikum zu 70 Prozent weiblich, in der WNBA sogar zu 78 Prozent. Von den Männern, so ergab eine Umfrage, verfolgen nur 4 Prozent Frauenfußball. Die meisten Teams haben es daher aufgegeben, um die Mäner zu werben, und konzentrieren sich voll auf weibliche Fans. 89 Prozent des WUSA-Publikums unter 18 sind Mädchen, „die einem die ganze Zeit die Ohren vollkreischen“, wie es die Spielerin Monica Gerardo etwas uncharmant ausdrückt. Sie setzt jedoch darauf, dass diese Mädchen auch als Erwachsene dem Sport treu bleiben und die Basis für einen dauerhaften Erfolg der Liga bilden.

Der hohe weibliche Anteil bringt Probleme mit sich, denn Frauen haben kaum eine den Männern vergleichbare Fankultur. Sie schauen selten Sport im Fernsehen und gehen höchstens sporadisch ins Stadion. „Frauen sind generell nicht daran gewöhnt, sich Dauerkarten zu kaufen“, sagt WNBA-Präsidentin Val Ackerman. Sie müssen also immer wieder neu gewonnen werden – und auch, dass eine Menge Kids selbst Fußball spielen, bedeutet nicht, dass sie zu den Matches der Profis gehen. Hinzu kommt, dass die Sport-Einschaltquoten in den USA generell zurückgehen, auch die von NBA, Football oder Baseball, und dass aufgrund der Wirtschaftskrise die Sponsorensuche schwieriger geworden ist. „Schlank und rank durch diese paar Jahre ökonomischer Sorgen kommen und dann hoffentlich die Sonnenseite kennen lernen“, schwebt Julie Foudy als Perspektive vor.

Generell üben sich beide Ligen trotz aller Schwierigkeiten in Optimismus. „Wir machen Fortschritte“, ist WUSA-Präsidentin Lynn Morgan sicher, „aber es ist noch ein langer Weg.“ Die WM als kleine Abkürzung kommt da gerade recht.

MATTI LIESKE