: videorekorder: kraftwerk
Ein neuer Remix von „Tour de France“ von Kraftwerk, ein neues Video dazu? Große Erwartungen: Über die Clips von Kraftwerk sind sicher schon Promotionen geschrieben worden, über diese Stilisierung der Musiker zu Maschinenmenschen, diese Schönheit des mechanisch Künstlichen. Also, mal sehen: Eine Landkarte von Frankreich wird kurz eingeblendet, dann geht es schon los mit den schwarzweißen Landschaftsaufnahmen der Tour aus der Luft. Stromlininenförmige Streifen verstärken den grafischen Aspekt. Von links und rechts werden immer mal wieder rote und blaue (Achtung! Trikolore!) Streifen und Dreiecke eingeblendet. Ab und zu mal eine stilisierte Ätherwelle um den Eiffelturm herum. Manchmal wird der minimalistische Text (transmission, télévision, les équipes, le départ usw.) in diese Flächen gestellt. Sehr funktionalistisch, sehr technizistisch.
Das erinnert ein bisschen an Agitprop, an Holzhammer-Plakate aus der Zeit der russischen Revolution, die für den industriellen Aufschwung und den sozialistischen Übermenschen werben, trotzdem langweilt es aber auf die Dauer ebenso wie der Rest dieses monotonen Clips. Außer, dass ein paarmal gestählte Waden und die bekannten Wachskopf-Konterfeis der manierierten Soundbürokraten erscheinen, passiert weiter gar nichts. Es wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben, warum Kraftwerk mit solchen Halbherzigkeiten ihren Ruhm bekleckern und nicht einfach Schluss machen und unsterblich werden. Vielleicht brauchen sie ja Geld. 1999 haben die passionierten Radfahrer, wie es heißt, den Song von 1983 schon einmal neu aufgelegt, und auf dem neuen Cover, auf dem die vier als Radfahrer dargestellt waren, die Gesichter der beiden Ausgestiegenen, Wolfgang Flür und Karl Bartos, wegretuschiert.
Zusätzlich zu den anonymisierten Radfahrern und veränderten Wachsköpfen im Clip fehlt jetzt in den Credits auch noch der Name von Karl Bartos, der 1999 noch auftauchte. Im Video zum alten Song wird wenigstens noch eine historische Tour der France gezeigt, schön nostalgisch, mit Nahaufnahmen der Fahrer, viel Nebel, runden Autos und altertümlichen Fahrrädern und Trikots. Das passte besser zu den „Kindern von Wernher von Braun und Fritz Lang“, wie es Ralf Hütter einmal ausgedrückt hat. SUSANNE MESSMER