Weltbank lernt – langsam

Auch wenn sie sich noch nicht aus Ölprojekten zurückziehen will, zeigt die Weltbank doch Ansätze, ihre Energiepolitik zu ändern. Deutsches Parlament soll Druck machen

Indigene Völker werden konsultiert, ein Recht auf Ablehnung haben sie aber nicht

BERLIN taz ■ Endlich kommt Bewegung in die Debatte um die Weltbank-Förderung von Rohstoffprojekten. Nachdem die Weltbank jüngst erstmals selbst Position bezogen hatte, wird sich heute auch der Bundestag einschalten. Mit den Stimmen von SPD und Grünen will er die Bundesregierung auffordern, sich bei der Weltbank für eine tief greifende Reform der Rohstoffpolitik einzusetzen.

Kritiker werfen der Weltbank schon seit langem vor, sie würde mit der Finanzierung von Ölförderprojekten in Entwicklungsländern die Lage der Armen eher verschlimmern als verbessern. Um dem abzuhelfen, berief Weltbank-Chef James Wolfensohn schon vor knapp drei Jahren eine unabhängige Kommission, die im Januar dieses Jahres eine viel beachtete Analyse samt Reformprogramm vorgelegt hat. Fazit: Bis 2008 solle die Weltbank aus der Finanzierung von Projekten wie Ölpipelines aussteigen und stattdessen die Förderung erneuerbarer Energien um jährlich 20 Prozent steigern.

Ihre offizielle Antwort darauf legten die Weltbank-Manager jetzt vor: In Zukunft wollen sie bei der Auswahl der Projekte mehr Wert als bisher auf Armutsbekämpfung, gute Regierungsführung und Nachhaltigkeit legen. Außerdem soll die betroffene Bevölkerung besser beteiligt werden. Für die Förderung erneuerbarer Energien will die Weltbank in den nächsten fünf Jahren tatsächlich jährlich 20 Prozent mehr ausgeben. Damit kommt sie den Kritikern entgegen.

Emil Salim, der Chef der Reformkommission, hatte jedoch mehr erwartet. „Die Weltbank hat zwar einige unserer Empfehlungen akzeptiert, ein bedeutender Kurswechsel ist das aber nicht“, erklärte er gegenüber der taz. Beispiel hierfür sei die Entscheidung, weiter in Ölprojekte zu investieren, deren Beitrag zur Armutsbekämpfung unklar sei. Im Fall der Tschad-Kamerun-Ölpipeline etwa seien vor Ort kaum Arbeitsplätze entstanden. Und vor allem: „Das Geld, das dabei verdient wurde, wurde definitiv nicht für Armutsbekämpfung ausgegeben.“

Auch die Ausgabenerhöhung für erneuerbare Energien hält Salim für nicht ausreichend: Nach dem Weltbank-Plan würden Investitionen in erneuerbare Energien in fünf Jahren um etwas über 200 Millionen Dollar steigen: „Die Summe ist vergleichbar mit einem einzigen Öl-Pipeline-Projekt, das die Weltbank finanziert hat.“

Ein weiterer zentraler Punkt der Salim-Empfehlungen war das Recht lokaler Gemeinschaften und indigener Völker, Projekten zuzustimmen, sie aber auch ablehnen zu können. In der Weltbank-Antwort ist jetzt nur noch von Konsultation die Rede. Die Umweltorganisation Urgewald glaubt daher nicht, dass die Weltbank-Manager ihre Energiepolitik wirklich ändern wollen.

Das letzte Wort haben jedoch nicht die Manager, sondern die Mitgliedstaaten. Deutschland hat als drittgrößter Anteilseigner der Bank eine gewichtige Stimme. Dafür wird der Bundestag der Regierung heute einige Vorgaben machen. Der rot-grüne Antrag liest sich dabei wie ein Kompromiss zwischen Weltbank-Position und Salim-Forderungen: Erneuerbare Energien sollen zur wichtigsten weltbankgeförderten Energiequelle werden, Förderungen für Ölprojekte dagegen stufenweise reduziert werden.

Nach Berechnungen britischer Entwicklungsforscher könnte ein solches Umsteuern den Armen bedeutend helfen. Momentan setzt die Weltbank 94 Prozent ihres Energie-Budgets für fossile Energien ein. Wenn dieses Geld nur ein Jahr lang in Solaranlagen im südlichen Afrika gesteckt würde, könnten zehn Millionen Menschen mehr mit Elektrizität versorgt werden.

NIKOLAI FICHTNER