Endlich die Wahrheit

Die ARD bindet Mehmet Scholl bis zur WM 2010 an sich – hoffentlich bekommt er so viel Redezeit, wie er verdient

Mehmet Scholl darf zur WM. Endlich. Was ihm als Fußballer verwehrt blieb, ermöglicht ihm nun die ARD. Bis 2010 wird er dort als Experte fungieren.

Es ist ein guter Schritt des Senders, den Scholl zu halten. Denn der ist anders. Schon als kleiner Junge in Karlsruhe trug er die vermutlich größte Brille in seinem Stadtteil. Er wäre wohl gehänselt worden, hätte er nicht so gut gekickt. Scholls anschließende Evolution führte ihn vom Bravo-Sport-Teenie-Star zum Medienverweigerer. Zu Waldemar Hartmann sagte er einst: „Die Wahrheit kann ich dir nicht sagen, und der Rest ist ein Scheiß.“

Scholl ist ehrlich. Damals wie heute. Während andere Experten diplomatische Phrasen dreschen, greift der einst beliebteste Bayern-Spieler an.

Wie bei der Europameisterschaft 2008 wird er im Duo mit Reinhold Beckmann eingesetzt – hoffentlich in Zukunft höher dosiert. Denn Scholl durfte bei der EM nicht nur ausschließlich auf den Nebenbühnen im Nachmittagsprogramm auftreten, sondern musste sich auch damit abfinden, dass ihm Peacemaker Beckmann zu viel Rede- und Bildschirmpräsenz stahl. Doch Scholl spielt sich nicht in den Vordergrund – zumindest nicht durch Plumpheiten wie die Effenbergs oder Beckenbauers: Die hauen drauf, um mal so richtig zu provozieren. Scholl sagt etwas, weil er denkt, dass es wert ist, dafür den Mund aufzumachen. Nicht weil er es geil findet, im Fernsehen zu sein.

Auch die Brille trug er bestimmt nur, weil Mutti es wollte – nicht weil er sie geil fand. Und er wusste stets zu überzeugen. Egal ob das Handikap Brille, Bayern oder Beckmann hieß. JÜK