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Das heilige Jahr

Am 25. Juli ist es wieder so weit: Santiago de Compostela feiert mit dem Namenstag des Apostels Jakobus den Höhepunkt des „heiligen Jahres“. Als heilig gilt ein Jahr, wenn dieses Datum auf einen Sonntag fällt. Der Legende nach liegt der Apostel in Santiago begraben. Zwar wurde er 44 n. Chr. in Jerusalem geköpft, aber auf wundersame Weise gelangte der Tote nach Spanien. Das Grab soll vergessen worden sein, bis sich der Heilige dem Eremiten Paio auf dem so genannten Sternenfeld offenbarte.

Das war Ende des 9. Jahrhunderts. Die Entdeckung des Grabes fiel in eine Zeit, in der sich nordspanische Kirchenvertreter mit ihrem Bischof Theodemir einen Vorteil vor den Repräsentanten der westgotischen Kirche in Toledo verschaffen wollten. Das neu entdeckte Apostelgrab war ein Politikum erster Güte. Theodemir legte auch den Grundstein für das künftige Santiago, das sich bald zu einem Eckposten des mittelalterlichen Europa entwickelte. Im Zuge der Reconquista, der Rückeroberung Spaniens von den arabischen Besatzern, fiel Jakobus eine neue Rolle zu: Er galt jetzt als Santiago Matamorus, als berittener Schlachtenhelfer und „Maurentöter“. Er soll bereit in die Schlachten Karls des Großen eingegriffen haben.

Bis ins 16. Jahrhundert trug die Pilgerbewegung nach Santiago die Züge einer Volksbewegung. Bußfertige und Ablassjäger, Wundergläubige, Ritter, Händler und Halunken – auf dem Camino war halb Europa unterwegs. Hier formte sich auch die Idee vom Unterwegssein als Lebensform. Ökonomie und Kultur Nordspaniens blühten auf, ebenso die Baukunst. Erst im Zuge von Aufklärung, Reformation und den Religionskriegen wurden die Pilger weniger.

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