: Der Kommissar der SPD: Hans-Peter Kemper
Schwerer Fall für den Ex-Polizisten: Hans-Peter Kemper ist Chef der NRW-Landesgruppe in der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion. Mitten in der schwersten Krise der Partei muss er zwischen Basis und Bundesregierung vermitteln
Als Hans-Peter Kemper vor Kurzem seinen 60. Geburtstag feierte, machte ihm Gastredner Harald Schartau einen Job-Vorschlag. „Als nächstes macht das Fernsehen Dich vielleicht zum Tatort-Kommissar“, sagte der Vorsitzende der NRW-SPD. Kemper würde man auch schwierige Fälle zutrauen, lobte Schartau den Parteifreund. Schon jetzt hat der ehemalige Borkener Kripo-Chef einen heiklen Job. Als Sprecher der 60 SPD-Bundestagsabgeordneten aus NRW muss Kemper dauernd ermitteln und vermitteln, mehrheitsfähige Lösungen im Parlamentsalltag finden.
Der medial weitgehend unbekannte Innenpolitiker aus dem münsterländischen Heiden hat momentan wohl seinen schwersten Fall zu lösen. Die SPD liegt in Umfragen am Boden, die Reformen sind unbeliebt. Besonders schlimm ist die Lage im Herzland der Partei: Knapp drei Monate vor der NRW-Kommunalwahl hat die West-SPD keine Ahnung, wie sie ihre von „Agenda 2010“ und „Hartz“ verschreckten Stammwähler im Herbst an die Wahlurne bekommen soll. Mittendrin Kemper, der nach Franz Müntefering einflussreichste NRW-SPD-Abgeordnete in Berlin. Bei wichtigen Personalentscheidungen redet Kemper mit, wenn es auf der Bundesebene um Themen wie Bergbau-Subventionen oder Hochwasserschutz geht, macht er Lobbyarbeit für NRW.
„Die SPD vertritt die Interessen der ‚kleinen Leute‘ besser als die anderen Parteien“, sagt Kemper. Wegen Willy Brandt und seiner Reformpolitik wurde er 1969 Genosse. Ende der 80er Jahre trat der damalige Hobby-Politiker eher zufällig die Nachfolge des lokalen SPD-Abgeordneten und Awo-Bundesvorsitzenden Hermann Buschfort an. „Als sich zwei Kandidaten zerstritten hatten, wurde Kemper als Ersatzmann aus dem Hut gezogen“, erinnert sich ein Parteifreund. 1993 rückte Kemper in den Bundestag nach. Als Innen- und Rechtsexperte machte er keine rasante Karriere – prominente Fraktionsgrößen wie Otto Schily und Herta Däubler-Gmelin waren vorher dran. Während er den Law-and-Order-Kurs von Minister Schily meistens unterstützt, galt Kemper nie als Freund der mittlerweile gescheiterten Justizministerin aus Schwaben.
„Weil er keine Karriere mehr machen will, genießt er Vertrauen bei ziemlich vielen Spitzengenossen“, verrät ein Sozialdemokrat den Politikstil Kempers. „Nett“, „vertrauenswürdig“ und „sympathisch“, so beschreiben ihn Parteifreunde. Kemper stützt den Kurs von Gerhard Schröder. „Wir müssen jetzt den Sozialstaat reformieren, weil die Schwarzen 16 Jahre lang alles ausgesessen haben“, verteidigte er im Frühjahr bei einer Veranstaltung in seinem Wahlkreis die Reformpolitik des anwesenden Bundeskanzlers. Schröder war für seinen Unterstützer eigens in den wahltaktisch bedeutungslosen Kreis Borken geflogen.
Falls es schief geht mit der Reformpolitik und der Regierungspartei SPD, kann Hans-Peter Kemper übrigens nicht mehr in seinen alten Beruf zurückkehren. Aus Altersgründen wurde er in den „polizeilichen Ruhestand“ geschickt. MARTIN TEIGELER