Mit 23 Toren zur 25. Meisterschaft

Zum 100. Vereinsjubiliäum werden die Wasserfreunde Spandau 04 dank eines 23:4 gegen Duisburg zum 25. Mal Deutscher Meister. Doch die Dominanz ist ein Problem – es fehlt die Spannung. Zum Finale kamen gerade mal 100 Zuschauer

Das sportliche Ziel kann nur sein, in der Champions League oben mitzumischen

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Es war wieder einmal ein Jahr des Jubels für die Wasserfreunde Spandau 04. Die Wasserballabteilung des Clubs hat wieder einmal getan, was alle von ihr erwartet haben. Sie hat den deutschen Meistertitel erfolgreich verteidigt. Beim 23:4 im dritten Finalspiel gegen den ASC Duisburg pulversisierten die Berliner am Sonntag ihren Gegner regelrecht und holten den entscheidenden dritten Sieg in den Play-offs.

25 Mal haben sie nun den Titel gewonnen. 25 Titel in nur 26 Jahren. Nur einmal musste Spandau 04 einem anderen Verein den Vortritt lassen. Der Titelgewinn von Waspo Hannover aus dem Jahre 1993 war jedoch nicht mehr als ein kleiner Betriebsunfall. Denn danach holten sich die Wasserfreunde wieder jedes Jahr ihren Titel ab.

Das 25. Titeljubiläum passt ganz gut zum 100. Jahrestag der Gründung des Clubs als SC Spandau 04. Damals hatten sich die Mitglieder vornehmlich darum gekümmert, das Schwimmen populär zu machen. Interessierten musste erst einmal das Schwimmen beigebracht werden, damit es bei Familienausflügen ans Wasser nicht mehr so oft zu tödlichen Unfällen käme. So steht es in der Festschrift der Wasserfreunde zum 100. Jubiläum. Heute hat der Club ganz andere Interessen. Die liegen im im Leistungssport. Das Hauptaugenmerk ist auf den Wasserball gerichtet.

Hagen Stamm, so etwas wie der Franz Beckenbauer des Schwimmbeckens, vielfacher Nationalspieler und vierfacher Gewinner des Europapokals der Landesmeister mit Spandau in der 80er-Jahren, führt mittlerweile den Verein als Präsident. Sein großes Ziel ist es, Wasserball zu einem Gesprächsthema in der Stadt zu machen. Er belässt es nicht – wie viele andere Funktionäre in so genannten Randsportarten – beim Gejammer über die Dominanz des Fußballs in der Fernsehberichterstattung, die er sehr wohl auch kritisiert, nein, er ist bereit völlig neue Wege zu beschreiten.

Für Schlagzeilen sorgten die Spandauer in der abgelaufenen Saison vor allem abseits des Beckens. Die Heimspiele wurden mit ein paar Handgriffen zu Bombast-Events im kitschig-römischen Antiklook. Die staubgraue Sichtbetonoptik der Schwimmhalle Schöneberg wurde hinter riesigen goldenen und roten Textilbahnen versteckt. Edel gedeckte Tische am Beckenrand und vornehm geschürzte Kellnerinnen machten den Wasserball in Berlin VIP-fähig. Serviert wurden opulente Menüs an hellblauem Schwimmbecken, und wenn das Chlorwasser auf die Teller spritzte, durfte laut gekichert werden.

Auch die Zuschauer auf den einfachen Plätzen wurden beim Spektakel nicht vergessen. Vor Spielbeginn bekam jeder erst einmal ein Glas Prosecco in die Hand gedrückt. Das kam an. Die Zusammenarbeit mit dem Gastronomen Florian Sinnig, von dem die Idee zum Wasserball-Event stammt, hat bewirkt, dass zwischen 600 und 1.700 Zuschauer zu den Spielen der Wasserfreunde gekommen sind. Zehnmal so viel wie in der Saison zuvor.

Obwohl das aufwändige Aufbereiten der Spiele für den Bertreiber der Restaurantkette „Zwölf Apostel“ ein Zuschussgeschäft war, wird sich Sinnig auch in der nächsten Saison für die Spandauer engagieren. Dafür rückt er sogar ins Management des Vereins als Verantwortlicher für das Marketing. Sven-Uwe Dettmann, bislang alleiniger Manager, wird sich auf die sportlichen Belange des Clubs konzentrieren.

Und das große sportliche Ziel kann nur sein, in der Champions League ganz oben mitzumischen. Der letzte Triumph im Landesmeisterpokal liegt mittlerweile 16 Jahre zurück. Das soll sich bald ändern. National dürfte so schnell kein erst zu nehmender Konkurrent auf den Plan treten. Bei aller Freude darüber würden sich die Spandauer durchaus über mehr spannende Spiele freuen. Schon wenn es einer Mannschaft einmal gelingt, nur ein Viertel gegen Spandau zu gewinnen, ist das den Abonnementsiegern eine Pressemitteilung wert.

Gewinnen würden die Spandauer auch weiterhin am liebsten immer, nur knapper könnte es durchaus gerne sein. Dann würden auch mehr Zuschauer kommen, wenn einmal nicht der Eventmann Sinnig für ein originelles Ambiente sorgt. Zum Finale gegen Duisburg, das etwas versteckt im Forumschwimmbad hinter dem Olympiastadion ausgetragen werden musste, weil die Bäderbetriebe im Sommer ihre Hallen schließen, verirrten sich nicht viel mehr als 100 Zuschauer an den Beckenrand.