piwik no script img

„Hinterher ist man immer klüger“

Radio-Eins-Reporter Rolf Kunz bedauert den Verlauf des von seinem Sender inszenierten Flash Mob. Ein Experiment

taz: Herr Kunz, haben Sie die Flash-Mob-Bewegung zu PR-Zwecken für Radio Eins missbraucht?

Rolf Kunz: Nein, denn der Ablauf war nicht so geplant. Wir wollten allein ein Radioexperiment machen. Deshalb haben wir Ort und Zeit auch nur über das Telefon verraten. Leider hat auch ein Kollege angerufen. So ging der Termin durch die Medien und hat wiederum Presse und Fernsehen angelockt. Es hat dadurch einen anderen Charakter bekommen als geplant. Das ist schade. Ich sollte da einfach hingehen, den Schirm aufspannen und meine Sachen machen.

Wieso haben Sie den Flash Mob nicht abgebrochen? Der Medienauftrieb läuft dem Sinn dieser Aktion doch zuwider.

Hinterher ist man immer klüger. Wir haben entschieden, das durchzuziehen. Heute würde ich das noch mal überlegen.

In den Internetforen werden Sie nun als „Affe“ beschimpft.

Natürlich hat es auch mich Überwindung gekostet. Ich will ja nicht zum Flash Idiot werden, gerade wenn Kollegen da sind. So viel kannst du aber gar nicht anders machen. Flash Mob ist halt Klatschen, Rufen und Bewegen.

Kann eine solche Aktionsform überhaupt von Medien inszeniert werden? Schließlich bringt man damit wieder Sinn in eine Bewegung, die von der Inhaltsleere lebt.

Ein ganz spontanes Treffen von 30 Leuten hat natürlich einen anderen Charakter. Aber wenn du das künftig auch politisch nutzen willst, brauchst du die Medien.

Aber diese junge Bewegung ist durch Ihren PR-Missbrauch geschädigt.

Wer sich dafür interessiert, lässt sich nicht vom Experiment eines Radiosenders abschrecken.

Haben Sie sich Gedanken gemacht, ob Sie den Flash-Mobbern schaden?

Wir wollten es ausprobieren und haben nicht daran gedacht, jemandem zu schaden. Es ist ja auch schwierig die Bewegung zu definieren. Es sind ganz verschiedene Leute, die aus verschiedenen Szenen kommen. Ich denke, dass diese Bewegung eine Variationsbreite entwickeln wird – Spaß, Kunst. Politik.

Bleiben Sie weiter Teil der Flash-Mob-Bewegung?

Das war ein einmaliges Experiment, genauso wie ich andere Dinge im Leben ausprobiere. Aber ich würde nicht ausschließen, dass ich irgendwo hingehe, wenn ich eine SMS bekomme. INTERVIEW: MAX HÄGLER

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen