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Archiv-Artikel

Bayern hat nix für Bremen übrig

Horst Seehofer, der neue starke Mann aus Bayern, lässt die Hoffnungen auf eine Schuldenhilfe für Bremen schwinden. Nun muss Bremens Finanzsenatorin auf ein Wunder in letzter Sekunde hoffen

Von Klaus Wolschner

Bis zum Donnerstagmittag, 13.30 Uhr, wird das Pokerspiel andauern, das war gestern die Prognose des Bundestagsabgeordneten Volker Kröning. Der Bremer SPD-Mann sitzt für die SPD-Bundestagsfraktionen am Verhandlungstisch der Föderalismuskommission. Der Poker-Joker hat einen Namen: Horst Seehofer. Der Bayer hatte am 12. Januar noch in seiner Eigenschaft als CSU-Vorsitzender der Koalitionsvereinbarung zugestimmt, mit der die Länder aufgefordert werden, sich an Schuldenbremse und Schuldenhilfe zu beteiligen. Gestern teilte er mit, dass er der Kanzlerin die kalte Schulter gezeigt hat: „Neue Finanzhilfen“ für andere Länder seien für Bayern nicht denkbar. Der Freistaat werde keine neuen Schulden aufnehmen, nur um anderen Ländern beim Schuldenabbau zu helfen, betonte der CSU-Chef.

Noch am Montag hatte das CDU-Präsidium mit Zustimmung der potentiellen Geberländer Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen sich bereiterklärt, an einer Schuldenhilfe für Bremen, das Saarland und Schleswig-Holstein mitzuwirken. Der Vorsitzender der Föderalismuskommission, Günther Oettinger (CDU), war allerdings Anfang der Woche so vorsichtig wie vor zehn Tagen beim CDU-Neujahrsempfang in Bremen, was die Erfolgskriterien auf der abschließenden Sitzung der Föderalismuskommission an diesem Donnerstag angeht: „Momentan sehe ich die Chance, dass es klappt.“ Mehr nicht.

Aber vertagen kann man das Thema nicht, denn in der kommenden Woche soll über das zweite Konjunkturpaket im Bundestag abgestimmt werden, und nicht nur die CDU-Haushaltspolitiker, sondern auch SPD-Leute wie Kröning haben angekündigt, dass sie da nicht zustimmen werden, wenn es nicht gleichzeitig eine verbindliche „Schuldenbremse“ gebe.

Eine „Schuldenbremse“, nach der sich Bund und Länder zusammen pro Jahr nur um 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes neu verschulden dürfen, geht aber nicht ohne die Schuldenhilfe für die drei Schlusslichter unter den Ländern. Derzeit muss sich Bremen pro Jahr um 500 bis 600 Millionen Euro neu verschulden, mit einer „Schuldenbremse“ wären rund 60 Millionen erlaubt. Bremer Finanzexperten haben ausgerechnet, dass Bremen im Jahr mehr als 460 Millionen Zuschuss braucht, um die „Schuldenbremse“ einhalten zu können.

Vollends unübersichtlich ist das politische Tauziehen um das Thema auch, weil es mit der Forderung nach Steuersenkungen verknüpft ist. Die Kanzlerin hat sich am vergangenen Samstag festgelegt, dass die CDU mit diesem Stichwort in den Wahlkampf gehen will – und damit einen „Kniefall vor Herrn Seehofer“ vollzogen, wie das der SPD-Finanzpolitiker Joachim Poß formulierte. Die SPD sieht derzeit keinen Spielraum für Steuersenkungen, im Gegenteil. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger warnte aber vor übereilten Steuersenkungen. „Man kann die Steuern senken auf der Grundlage von sanierten Haushalten“, sagte Oettinger, „Steuersenkungen auf Pump wären falsch“. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) rechnet sogar mit Steuererhöhungen, sollte das Vorhaben Schuldenbremse wie geplant zustandekommen. „Anders wäre das Erreichen der strengen Schuldenziele in den kommenden Jahren nicht umsetzbar.“

Die Kanzlerin braucht aber eine positive Entscheidung über das Konjunkturpaket wie die Geschlossenheit der Union für den Wahlkampf. So hoffen viele auf eine Einigung in letzter Sekunde. „Ich habe der Kanzlerin gesagt, dass das mit uns nicht geht“, hat Seehofer gestern gesagt – bezogen auf das Bausteinchen Schuldenhilfe in dem Puzzle. Bremens Finanzsenatorin ließ mitteilen, sie sei „verhalten optimistisch“.