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Archiv-Artikel

Mit der Chartermaschine ins Krisengebiet

Trotz Warnungen des Auswärtigen Amtes halten die Bundesländer an Abschiebungen in den Kongo fest. Weil ein Transport per Linienflug derzeit nicht möglich ist, werden Flugzeuge eigens angemietet – für stolze 30.000 Euro pro Jet

BERLIN taz ■ Tief in die leeren Kassen will das Landratsamt des brandenburgischen Oder-Spree-Kreises greifen, um den kongolesischen Oppositionellen Steve Ntamba in sein Heimatland abzuschieben. Weil die niederländische Fluggesellschaft KLM sich weigerte, den 41-jährigen abgelehnten Asylsuchenden gegen seinen Willen nach Kinshasa zu fliegen, will das Landratsamt eigens für Ntambas Abschiebung ein Charterflugzeug anmieten. Kostenpunkt: bis zu 30.000 Euro.

Bereits im Juni war die Abschiebung eines Aktivisten der kongolesischen Oppositionsgruppe Union pour la Démocratie et le Progrès Social (UDPS) aus Berlin an der Haltung von KLM gescheitert. Zuvor hatte das Auwärtige Amt die Berliner Innenverwaltung vergeblich darum gebeten, „zu prüfen, ob eine Abschiebungsentscheidung nicht abgewartet werden kann“. Die Lage in Kinshasa sei „undurchsichtig“. Während Ausländerbehörden und das Bundesinnenministerium davon ausgehen, dass Abschiebungen zumindest in die kongolesische Hauptstadt unbedenklich sind, arbeitet man im Auswärtigen Amt noch an einem neuen Lagebericht.

„Ohne soliden Familienschutz werden Rückkehrer meistens einer Lynchjustiz und kollektiven Misshandlungen ausgesetzt“, berichten afrikanische Kirchenvertreter. Abgelehnten Asylbewerbern werde bei ihrer Rückkehr „Verrat“ am Heimatland vorgeworfen. Wer sich nicht freikaufen könne, werde ins berüchtigte Makala-Gefängnis von Kinshasa gebracht.

Während voriges Jahr insgesamt 1.349 kongolesische Flüchtlinge einen Asylantrag stellten, erhielten im gleichen Zeitraum lediglich 25 Kongolesen politisches Asyl. 42 bekamen einen vorläufigen Abschiebeschutz.

Hilfe bei den Abschiebungen erhalten die Länder von der Bundesgrenzschutzdirektion Koblenz. Weil Fluggesellschaften wie Lufthansa und KLM keine Passagiere mehr gegen deren Willen befördern wollen, koordinieren die Grenzschützer Abschiebungen mit gecharterten „Lear Jets“. „Die Bundesländer bezahlen die Anmietung des Flugzeugs, wir sind für den Vollzug der Maßnahmen zuständig“, heißt es bei der Koblenzer Behörde. Dabei würden „teilweise auch Zwangsmaßnahmen angewandt“.

Der Brandenburgische Flüchtlingsrat und der Jesuitenflüchtlingsdienst fordern einen generellen Stopp der Abschiebungen nach Kinshasa. „Es ist absurd, einerseits die Bundeswehr zur Stabilisierung der Situation im Kongo loszuschicken und andererseits Asylsuchende in die Kriegssituation zurückzuschicken“, so der Flüchtlingsrat. HEIKE KLEFFNER