: Gewerkschaftsführung gegen Linkspartei
Im DGB-SPD-Streit bemühen sich die NRW-Arbeitnehmerorganisation um Entspannung: „Wir betrachten diese Sekte als Fehlentwicklung.“ Doch an der Gewerkschaftsbasis wird der Linksverein „Wahlalternative“ unterstützt
DÜSSELDORF taz ■ Die NRW-Gewerkschaften wollen den Streit mit der SPD nicht eskalieren lassen. Nach dem Spitzentreffen von DGB und SPD in Berlin, bleibt die Arbeitnehmerorganisation bei ihrer Kritik an der Regierungspolitik, geht aber auf Distanz zu dem neuen Linksverein „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG). In NRW hätten SPD und Gewerkschaften ein gutes Verhältnis, sagt Wolfgang Nettelstroth von der IG Metall: „Bei der Wahlalternative machen Privatpersonen mit, die IG Metall unterstützt das nicht.“ Eine Sprecherin des DGB-Nordrhein-Westfalen bezeichnet die entstehende Linkspartei gar als „Sekte“ und als „demokratische Fehlentwicklung“.
Der NRW-SPD-Vorsitzende und Ex-IG-Metall-Landeschef Harald Schartau hatte die Kollegen am Montag vor der Unterstützung einer linken Protestpartei gewarnt und das Schreckensszenario eines konservativen Machtwechsels in der Bundesrepublik entworfen. Die Gewerkschaft Verdi bleibt trotzdem bei ihrer SPD-kritischen Haltung. „Politik ist keine Heilslehre und Kritiker sind keine Ketzer“, sagt der Leiter des mit 600.000 Mitgliedern größten Verdi-Landesbezirks, Hartmut Limbeck. „Beim Thema Linkspartei sollte man die Kirche im Dorf lassen, der Anteil von Verdi-Mitgliedern ist bei der Wahlalternative nicht überproportional hoch“, sagt Limbecks Sprecher. Zudem hätten alle Einheitsgewerkschafter das Recht, sich parteipolitisch zu engagieren.
An der Gewerkschaftsbasis wird das neue Linksbündnis in vielen NRW-Städten unterstützt. Irina Neszeri, Koordinatorin der „Wahlalternative“, schätzt, dass rund die Hälfte der 3.000 WASG-Interessenten im größten Bundesland aus dem gewerkschaftlichen-sozialdemokratischen Spektrum kommen. „Es gibt ganz viele politische Gemeinsamkeiten mit den Gewerkschaften, etwa beim Kampf gegen die Agenda 2010“, sagt Neszeri. Deshalb gäbe es viel inhaltliche Unterstützung aus den Reihen des DGB. „Organisatorische Unterstützung gibt es nicht, sie würde die Gewerkschaften auch zerreißen“, so Neszeri.
Nach taz-Informationen ist die Zusammenarbeit zwischen Einheitsgewerkschaft und WASG vor Ort weitaus enger, als es die schroffen Äußerungen der Gewerkschaftsspitzen vermuten lassen. So gibt es im Ruhrgebiet WASG-Ortsgruppen, die regelmäßig und kostenlos in DGB-Häusern tagen. „Bei unseren Aktiven ist von IG Bau bis Verdi alles dabei“, sagt ein Linksvereins-Mitglied aus dem Revier. „Diese Funktionsträger haben natürlich auch Zugang zu Veranstaltungsräumen.“ Die Linkspartei-Leute müssten für die Nutzung gewerkschaftseigener Räume Miete zahlen, behauptet dagegen IG-Metall-Sprecher Nettelstroth. Eine DGB-Sprecherin dementiert die indirekte Unterstützung: „Unsere Häuser werden teilweise ja gar nicht von uns verwaltet.“ MARTIN TEIGELER