Sparen – zuerst an den Redaktionen

Wege in die Arbeitslosigkeit, am Beispiel der Nordzeitungen. Beispiel 1: Massenentlassungen beim sh:z in Flensburg

VON KAI VON APPEN

Bei den Nordlichtern, wo den ZeitungsleserInnen ohnehin schon weitgehend Einheitskost verordnet worden ist, geht wohl ein weiteres Stück journalistische Qualität und Pressevielfalt verloren. Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (sh:z) will 39 der etwa 100 Redakteurstellen an seinen acht Standorten abbauen. 24 sh:z-Redakteuren flatterte bereits in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat die Kündigung ins Haus.

Der sh:z ist mit einer Gesamtauflage von 190.000 Exemplaren und 16 Lokalausgaben – alle versehen mit einem einheitlichen, in der Zentrale beim Flensburger Tageblatt produzierten „Mantel“ für Bundes- und Landespolitik – prägend für die Presselandschaft in Schleswig-Holstein. Daneben erscheinen nur noch die Lübecker Nachrichten, Kieler Nachrichten, Elmshorner Nachrichten und das Pinneberger Tageblatt, alle mit Beteiligungen des Springer-Verlages.

Die sh:z-Geschäftsführer Ernst Friedrich Lübcke und A. Asghar Azmayesh gaben in Gesprächen mit dem Gesamtbetriebsrat als Begründung für die Massenentlassung an, dass der Verlag wegen massiver Anzeigeneinbrüche jährlich rund drei Millionen Euro im Redaktionsbereich einsparen müsse. Ursprünglich standen deshalb sogar 46 Jobs in der Flensburger Zentrale und den sieben Lokalredaktionen zur Disposition.

„Wir haben sie auf 26 Kündigungen runtergehandelt, davon werden einige neue Pauschalistenverträge bekommen“, sagt Holger Malterer von der Gewerkschaft ver.di in Kiel scheinbar zufrieden. „Der Rest muss vor Ort geklärt werden.“ Insgesamt sollen aber 39 Jobs abgebaut werden, da Redakteure zusätzlich den Vorruhestand gehen sollen.

Und darin liegt der Zündstoff: Große Teile der Gesamtbelegschaft sind unzufrieden, vor allem in den Lokalredaktionen, weil ausschließlich dort der Personalabbau stattfindet. Sie hätten es besser gefunden, der Gesamtbetriebsrat hätte sich komplett der Maßnahme widersetzt: „Auch der Deutsche Journalistenverband ist der Meinung gewesen, der Gesamtbetriebsrat hätte die Verhandlungen abbrechen sollen“, sagt eine Redakteurin. „Es wäre unter Umständen besser gewesen, wenn die Situation eskaliert wäre.“

Sie erinnert daran, dass gerade die sh:z-Kollegen beim Journalistenstreik Anfang diesen Jahres sehr aktiv gewesen waren. „Bei 46 Kündigungen hätte es der Verlag schwer gehabt, diese vor Gericht ohne schlüssiges Konzept umzusetzen.“ Denn in den Verhandlungen hätte nun die Geschäftsführung eine Liste von „Leistungsträgern“ durchgesetzt – also Mitarbeiter, die der Verlag unbedingt halten wollte – obwohl sie nach sozialen Auswahlkriterien nicht besonders geschützt sind. Stattdessen müssen jetzt selbst Familienväter gehen, wenn nicht die Betriebsräte vor Ort ihr Veto einlegen.

Und damit ist der Kahlschlag beim sh:z vermutlich noch nicht einmal beendet. „Es gibt Gerüchte, dass ganze Titel oder lokale Redaktionen zusammengelegt werden“, berichtet ein anderer Mitarbeiter, „oder weitere Ressorts und Redaktionen wie zum Beispiel der Sport in der Flensburger Zentrale konzentriert werden.“ Denn nur dort werden sieben der Entlassenen Pauschalistenverträge bekommen.

Auch ist es schon jetzt im sh:z nicht unüblich, dass Redakteure aus einer Lokalredaktion kurzerhand mit dem Laptop in eine andere delegiert werden. „Aber die Wege in Schleswig-Holstein können lang sein“, so eine weitere Redakteurin: „Zum Beispiel von Itzehoe nach Sylt. Das könnte ein Schritt sein, um noch mehr Leute loszuwerden.“

Durch die sh:z-Maßnahme nimmt die Pressekonzentration im Norden vermutlich weiter zu. Bei den Kieler Nachrichten und Lübecker Nachrichten soll es intern schon Ankündigungen gegeben haben, dem Flensburger Vorbild zu folgen. So würden die konkurrierenden Verlage bereits anfangen, im Internetbereich zu kooperieren. Eine Insiderin: „Es gab auch Andeutungen, dass bestimmte redaktionelle Teile untereinander eingekauft werden können.“