Der Tunnelblick

Den Tageszeitungen will in der Werbekrise immer noch kein Licht leuchten. Lokalblätter etwas besser dran

Die Nachricht war zumindest gut gemeint: „Das Loch scheint mir durchschritten“, versuchte sich Volker Schulze, Hauptgeschäftsführer des deutschen Zeitungsverlegerverbands BDZV, an einer neuen Variante der im konjunkturellen Trauerfall beliebten Tal-Methapher. Denn schließlich sind die Einbrüche im für die Tageszeitungen so wichtigen Werbegeschäft in den ersten vier Monaten 2004 nicht ganz so derb ausgefallen wie in den Jahren 2001 bis 2003. „Nur noch“ 1,6 Prozent sind die Anzeigen im Minus – da kommt Freude auf, auch wenn der Stellenmarkt mit fast 13-prozentigem Rückgang weiter die größten Sorgen macht. Allein: Bislang liegen nur Zahlen über den Umfang der Anzeigenschaltungen vor. Abgerechnet wird erst zum Jahresende, und dann könnte das Licht im Tunnel ganz schnell wieder aus sein.

„Wir können erwarten und hoffen, dass die Entwicklung anhält. Aber ein Prognostiker bin ich nicht“, so Schulze. Eines ist aber schon jetzt klar: Die Schere zwischen überregionalen und lokalen Blättern geht weiter auf. Während der lokale Werbeumfang um 4 Prozent zulegte, verloren die besonders vom Stellenmarktschwund betroffenen Blätter von FAZ bis Welt weitere 11,5 Prozent – und das bei einem ohnehin „vergleichsweise reduzierten Niveau“, wie Schulze den seit 2001 anhaltenden Negativtrend höflich umschrieb.

Denn die Werbeerlöse 2003 lagen noch mal um gut 10 Prozent unter den alles andere als berauschenden Zahlen des Jahres 2002 – und diesmal geht es um echte Umsätze: 4,68 Milliarden Euro verdienten Deutschlands 347 Tageszeitungen 2003 mit der Werbung – ein Jahr zuvor waren es noch 5,2 Milliarden. Die Zeiten, in denen sich die Presse zu zwei Dritteln aus Anzeigen finanzierte, „sind im Moment vorbei“, heißt es etwas kühn beim BDZV. Gerade noch mal gut die Hälfte der Einnahmen stammen bei Zeitungen in Westdeutschland noch daher, im Osten sind es sogar nur noch 46 Prozent. (Bei der taz, dies ganz nebenbei, liegen die Verhältnisse traditionell bei rund 20 Prozent Werbung, 80 Prozent Verkauf).

Dass die alten Werte wieder zu erreichen sind, glaubt wohl ernsthaft niemand. Und auch wenn tapfer die Preise erhöht werden: Die Lücke schließen läßt sich so nicht. „Kein Verlag wird das überreizen“, heißt es beim BDZV – um immerhin ein halbes Prozent legten die Vertriebserlöse trotz leicht sinkender Auflagenzahlen (von 22,75 auf 22,22 Millionen Exemplare täglich) zu. Bescheidene Hoffnung keimt auch im Internet. Nachdem hier viele Verlage nachgelegt haben, wandern diverse Anzeigen jetzt nicht mehr automatisch an die großen nationalen Online-Märkte für Autos und Immobilien: Nach BDZV-Angaben haben jetzt die lokalen Websites der Zeitungen die Nase vorn. STG