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Archiv-Artikel

STOIBERS VORSCHLAG ZUM DOSENPFAND IST EIN SPÄTER ERFOLG FÜR TRITTIN Umweltprobleme zugemüllt

Es ist ein später Sieg für Umweltminister Jürgen Trittin: Die elende Kickerei um die Dosen geht zu Ende. Und das ausgerechnet dank Bayern. Edmund Stoiber kommt mit einer Pfandnovelle daher, die ein Trittin wohl nur in Nuancen anders gestaltet hätte. Die bisherige, so beschimpfte Regelung soll einfacher werden. Der Münchener gibt seine ewigen Buhrufe im Einklang mit Verpackern und Handel auf. Der Grund dafür ist schlicht: Die Durchhalteparolen der ewigen Pfandgegner haben versagt, die Winkelzüge lohnen nicht mehr.

Die anfänglichen Klagegesänge an den Stammtischen der Republik sind verstummt. Drei Viertel aller Deutschen halten das Pfand mittlerweile für richtig. Auch wenn ein Discounter die Dosenplatte zur Fußball-EM dieser Tage noch einmal auflegen wollte und warb: Männer, ihr habt ein Recht auf die Dose – die meisten haben sich mit dem 25-Cent-Pfand längst arrangiert. Mit Umweltbewusstsein hat dieses Ende von „Ex und hopp“ allerdings weniger zu tun. Dabei sind Aludosen tatsächlich mit die schlimmsten Energiefresser. Die meisten überzeugt aber der sichtbare Erfolg: zwei Milliarden Dosen weniger, die die Landschaft zumüllen. Cola-Flasche hier auf dem grünen Rasen, Red-Bull-Dose dort im Rinnstein, das hat deutlich abgenommen. Und wenn doch etwas liegen bleibt: einfach mitnehmen und das Pfand kassieren.

Das Trittin’sche Pfand wirkt. Oder besser gesagt: die alte Verpackungsordnung der Kohl-Regierung. Schließlich setze der viel gescholtene grüne Dosenbuhmann nur das Erbe seiner Vorgänger um – weil der unionsdominierte Bundesrat seine Novelle verhinderte.

Jetzt darf Trittin sich in Fäustchen lachen. Und da wird es ihm leicht fallen, die zwei kleinen Kröten zu schlucken, die Stoibers Vorschlag für ihn enthält. Für Milch und Milchgetränke soll es kein Pfand geben. Nur zur Erinnerung: Die größte private Molkerei, die von CSU-Förderer Alois Müller, liegt in Bayern. Doch Trittin muss sich nicht grämen. Die stinkigen leeren Plastikbecher unter dem Ladentisch wären ohnehin eine Plage geworden. Ärgerlich, aber ebenfalls nicht übermäßig tragisch ist die Vorgabe, dass statt bisher 50 Cent künftig auch für eine Jumboflasche nur die 25 Cent Pfand fällig sind.

Es ist der erlösende Schlussstrich unter ein aberwitziges Kapitel deutscher Politik. Die Dose hat lange genug die wichtigen Umweltprobleme zugemüllt, den Klimaschutz etwa oder die Chemikalien in der Landschaft. Rot-Grün hat sich dagegen zu wenig gewehrt. Das Ganze hat eben auch einen Selbstzweck: Die Dose ist ein griffigeres Symbol für ökologische Politik als mühsame Berechnungen des Klimawandels. HANNA GERSMANN