: Bremen will nicht enden wie Lübeck
Hansestadt bekommt pro Jahr 300 Millionen Euro Finanzhilfe. Reicht das zum Abbau des Schuldenbergs?
300 Millionen Euro jährlich soll Bremen vom Jahr 2011 an bekommen. Das ist für den Städtestaat mit einem Haushaltsvolumen von rund 4 Milliarden Euro viel Geld. Aber um von einem Schuldenberg von rund 15 Milliarden herunterzukommen, ist es zu wenig. „Es ist kein Ergebnis, das zum Jubeln Anlass bietet“, sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) gestern zu der Einigung von Bund und Ländern auf die Reform ihrer Finanzbeziehungen. Der Bremer Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel geht davon aus, dass über die „fiskalische Absicherung“ des selbstständigen Bundeslands Bremen demnächst wieder geredet werden müsse.
Die Schuldenhilfe soll es nur geben, wenn die von den Gebern vorgegebenen Sparstufen eingehalten werden, mit denen das laufende Defizit schrittweise auf null kommen soll. Wie soll das gehen? In der Ära der großen Koalition unter dem Sozialdemokraten Henning Scherf sind die laufenden Ausgaben in Bremen Jahr für Jahr deutlich unter dem Bundesdurchschnitt geblieben. Man investierte in die Wirtschaft. Mit dem Beginn der rot-grünen Koalition wurden auch Bremens Investitionsausgaben dezimiert. Nach diesen Sparanstrengungen rechnet der Bremer Senat in der mittelfristigen Finanzplanung für das Jahr 2011 nur noch mit einer Neuverschuldung von 465 Millionen Euro, einen anhaltend günstigen Zinssatz und moderate Tarifsteigerungen vorausgesetzt. Die Summe würde sich wegen der Schuldenhilfe auf 165 Millionen reduzieren. Das bedeutet: Von einem effektiven Schuldenabbau kann vermutlich auch bis zum Jahre 2020 keine Rede sein.
Die Sparkommissare des Bundes und der Länder, die Bremen die Daumenschrauben anlegen sollen, werden vor denselben Fragen stehen, vor denen die bremische Finanzpolitik seit Jahren steht. An den Sozialausgaben – knapp 1 Milliarde Euro pro Jahr – lässt sich kaum noch streichen. Gerade hat Bremen durch einen Gerichtsentscheid zum Beispiel quittiert bekommen, dass die Stadt die Wohnungshilfe in vielen Fällen rechtswidrig zu sehr gedrückt hat. Soll Bremen sein Opernhaus schließen? Seine Bürgerhäuser und Sportplätze? Braucht die Stadt ein Stadion für seinen Fußballclub Werder?
Bisher gab es Tabus bei der Sparpolitik, die das betrafen, worauf Bremen als eigenständige Hansestadt stolz ist. Bremen wollte in der Liga der deutschen Großstädte spielen und nicht absteigen wie die alte Hansestadt Lübeck. Das kostete allerdings etwas mehr, als die Einnahmen hergaben. KLAUS WOLSCHNER